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Prof. Dr. Martin Butler
Institut für Anglistik/Amerikanistik
Tel: 0441-798/2320
martin.butler@uni-oldenburg.de

  • Im Reich der Zeichen gibt es neue Akteure, die "Produser". Bild: photocase

„Der Leser hat mehr Einfluss, als man annimmt“

Wie wird ein Roman zum Bestseller, ein Autor zum Star? Fragen, die Wissenschaftler auf der Tagung „Prekäre Allianzen“ diskutieren. Der Oldenburger Populärkulturforscher Martin Butler verrät schon jetzt: Persönliche Netzwerke und Soziale Medien spielen eine wichtige Rolle.

Wie wird ein Roman zum Bestseller, ein Autor zum Star? Fragen, die Wissenschaftler auf der Tagung „Prekäre Allianzen“ diskutieren. Der Oldenburger Populärkulturforscher Martin Butler verrät schon jetzt: Persönliche Netzwerke und Soziale Medien spielen eine wichtige Rolle.  


FRAGE: Knapp 15 Millionen Nutzer klickten bislang auf die Parodie des Videoclips „Rockstar“ der kanadischen Band „Nickelback“. Dank YouTube kann heute jeder ein Star werden. Revolutionieren soziale Medien die Produktion und Rezeption von Kultur?

BUTLER: Nicht nur soziale Medien, sondern auch andere Technologien, die uns das Web 2.0 zur Verfügung stellt. Der Konsument ist gleichzeitig aktiv an der Erstellung von Inhalten beteiligt – wenn er beispielsweise Videos auf YouTube hochlädt oder Bestseller weiterschreibt. Der Social Media-Experte Axel Bruns hat dieses Phänomen übrigens mit dem Begriff des 'Produsers' beschrieben.

FRAGE: Ist die Verbindung aus Produzieren und Rezipieren in dem Begriff des Autors noch zu fassen?

BUTLER: Es gibt ganz neue Formen der kollaborativen Kulturproduktion im Netz. Und vor diesem Hintergrund müssen wir auch Kategorien wie „Autor“, „Leser“ oder „Text“ neu denken. Aber dass ein Medienwandel diese Kategorien in Frage gestellt, ist ja nicht nur heute zu beobachten. Auch die Erfindung des Buchdrucks hat ja das Verständnis von „Autor“ und „Text“ gewaltig verändert – genauso wie die damals „üblichen“ Formen der Zusammenarbeit zwischen einzelnen Akteuren in der Herstellung und Verbreitung von Texten.

FRAGE: Genau solche Formen sind Thema der literatur- und kulturwissenschaftlichen Tagung „Prekäre Allianzen“, die Sie organisieren.

BUTLER: Ja, wobei die Tagung insbesondere historische Formen der Zusammenarbeit im Literatur- und Kulturbetrieb in den Blick nimmt. Zum Beispiel zwischen Autoren, Kritikern und Lesern oder in literarischen Bewegungen. Diese historischen Formen tragen aber wesentlich zum Verständnis der heutigen Dynamiken bei.

FRAGE: Die Tagung, die vom 14. bis zum 16. Juni im Delmenhorster Hanse-Wissenschaftskolleg stattfindet, ist international und interdisziplinär angelegt.

BUTLER: Es kommen Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler vieler Disziplinen zusammen: aus der Amerikanistik, der Anglistik, der Germanistik, der Niederlandistik, der Slawistik, der Buchwissenschaft und der Medienwissenschaft. Sie arbeiten zu verschiedenen historischen Zeiträumen - vom Mittelalter bis ins 21. Jahrhundert. Die Tagung wird wesentlich durch eine Kooperation zwischen den literaturwissenschaftlichen Kolleginnen und Kollegen der Fakultät III getragen. Viele weitere Expertinnen und Experten runden das Programm ab. Und wir freuen uns auf interessante Keynote Speaker wie zum Beispiel Henry Jenkins, der renommierte Medien- und Populärkultur-Experte von der  University of Southern California, der einen Vortrag zum Thema  "Spreadable Media: Creating Value and Meaning in a Networked Culture" halten wird. Jenkins ist ja auf diesem Gebiet einer der führenden Wissenschaftler und es ist natürlich wunderbar, dass er ins HWK kommen wird.

FRAGE: Der Autor als integraler Bestandteil einer Netzwerkkultur – und nicht mehr tätig in der Abgeschiedenheit?

BUTLER:  Wir gehen von der Annahme aus, dass ein Text nicht einfach aus dem Nichts entsteht und verbreitet wird. Ein Autor wird nicht einfach so zum Star, ein Roman nicht einfach so zum Bestseller. Kulturschaffende sind keine Solisten, sondern eingebettet in ein Netzwerk von Beziehungen zwischen Akteuren, die ganz verschiedene Ziele verfolgen. Der Leser – egal, ob Fan, Rezensent oder Literaturwissenschaftler – hat weit mehr Einfluss auf den Literaturbetrieb, als man annimmt. Diesen Mechanismen wollen wir historisch und systematisch auf den Grund gehen.

FRAGE: Was sind solche Einflussfaktoren?

BUTLER: Neue Vertriebswege im Internet oder die Bedeutung von Literaturpreisen für Karrierewege und Absatzzahlen – um nur zwei Beispiele zu nennen. Es sind Faktoren, die nicht unwesentlich zum Erfolg oder eben auch Misserfolg eines Buches beitragen. Auch das wird Thema der Tagung sein.

Die Tagung "Prekäre Allianzen" findet vom 14. bis zum 16. Juni im Delmenhorster Hanse-Wissenschaftskolleg statt.

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