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Prof. Dr. Michael Komorek

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  • Ein Mädchen und eine Frau betrachten einen Schaumkuss, der sich unter einer Glasglocke im Vakuum befindet und geplatzt ist.

    Was der geplatzte Schaumkuss mit der Raumfahrt zu tun hat, erfahren Schüler im DLR_School_Lab in Bremen. Foto: Airbus

  • Welche Schaltung ist die beste für das Solarboot? Doktorandin Christin Sajons diskutiert mit einem Schüler im Zentrum Natur und Technik in Aurich. Foto: Komorek/Sajons

  • Ein Junge hält das selbstgebaute Solarboot fest, das in einem Becken schwimmt.

    Das selbstgebaute Solarboot im Praxistest. Foto: Komorek/Sajons

  • Dr. Dirk Stiefs erläutert Schülern, wie eine Wasserrakete funktioniert. Foto: DLR

  • Ein Mann und zwei Jungen beugen sich über eine beleuchtete Platte und verschieben dort Formen aus Filz, um Musik zu komponieren.

    Am Komponiertisch können Besucher mit Formen aus Filz Töne erzeugen. Foto: Universum® Bremen

  • Brücken bauen mit Magnetkraft: Hilft die Skulptur dabei, physikalische Gesetze zu verstehen? Foto: Universum® Bremen

  • Eine vierköpfoge Familie steht an einem Gitter und probiert eine riesige Kugelbahn aus, die sich dahinter befindet.

    Potentielle Energie verwandelt sich in kinetische Energie: Die große Kugelbahn zieht Besucher regelmäßig in ihren Bann. Foto: Universum® Bremen

Licht in die Blackbox bringen

Exkursionen ins Science Center oder Museum sind bei Schülern und Erwachsenen beliebt. Doch wie genau lernen sie bei solchen Besuchen, was motiviert sie? Das untersuchen 16 Doktorandinnen und Doktoranden im Promotionsprogramm GINT.

Exkursionen ins Science Center oder Museum sind bei Schülern und Erwachsenen beliebt. Doch wie genau lernen sie bei solchen Besuchen, was motiviert sie? Das untersuchen 16 Doktorandinnen und Doktoranden im Promotionsprogramm GINT.

Es sind ganz einfache Fragen, die Christin Sajons den Mädchen und Jungen im Lernort Technik und Natur in Wilhelmshaven stellt. „Erklärt mal: Was macht ihr da gerade?“, spricht die Doktorandin einige Sechstklässlerinnen an, die den Rumpf eines Solarbootes ausschneiden. „Warum habt ihr eine Parallelschaltung verwendet?“, will sie von einer anderen Gruppe wissen, die Solarzellen mit einem Elektromotor zusammenlötet.

Sajons, die Englisch und Physik auf Lehramt studiert hat und jetzt in der Arbeitsgruppe Didaktik und Geschichte der Physik promoviert, will mit diesen Fragen herausfinden, an welchen Stellen es den Schülern schwer fällt, die gestellte Konstruktionsaufgabe zu bewältigen. Oder wie sie sich neue Fachbegriffe wie etwa „Parallelschaltung“ erschließen. „In meiner Doktorarbeit erforsche ich, welche Denkprozesse bei Schülern an außerschulischen Lernorten angeregt werden, was sie motiviert und auch, was ihre Begeisterung eher hemmt“, berichtet sie.

Interesse für Natur und Technik wecken

Die Zahl außerschulischer Lernorte wie Schülerlabore, Wissenschaftsmuseen oder Science Center hat in den letzten Jahren stark zugenommen. Allen ist gemeinsam, dass sie das Interesse von Besuchern jeden Alters an Natur, Technik und Wissenschaft steigern wollen. „Welche Prozesse an diesen Orten im Detail ablaufen, ist aber aus Sicht der fachdidaktischen Lernforschung noch wenig geklärt“, berichtet der Oldenburger Physikdidaktiker Prof. Dr. Michael Komorek. Außerschulische Lernorte seien für die Didaktik sozusagen eine Black Box; sie zu öffnen sei das Ziel des Promotionsprogramms GINT (MINT-Lernen in informellen Räumen), das Komorek zusammen mit Prof. Dr. Peter Röben von der Arbeitsgruppe Technische Bildung leitet. Darin befassen sich 16 Doktorandinnen und Doktoranden an den Universitäten Oldenburg, Vechta und Hannover mit unterschiedlichen Aspekten des Lernens außerhalb der Schule.

Das Programm wird vom niedersächsischen Wissenschaftsministerium (MWK) seit 2016 gefördert und von den Universitäten Oldenburg, Hannover, Vechta, Odense (Dänemark) und Rethymno (Griechenland) kooperativ durchgeführt. Komorek betont, dass das Programm auf die Veränderung der Bildungslandschaft reagiere: Immer mehr non-formale Angebote ergänzen die formale schulische Bildung, manche haben auch eigenständigen Charakter. Sie zu erforschen und weiterzuentwickeln sei auch als Teil der Regionalentwicklung anzusehen, so der Didaktiker.

Philosophieren über die Unendlichkeit

Die Fachgebiete der teilnehmenden Doktoranden reichen von Physik und Chemie über Geographie bis hin zur Technik. Sogar die Philosophie ist vertreten: Caroline Kather untersucht im Universum® Science Center in Bremen, wie naturwissenschaftliche Phänomene philosophische Denkprozesse bei Kindern anregen. Die Pädagogin, die außer dem Master of Education auch einen Fachmaster Philosophie abgelegt hat, entwickelt im Zuge ihrer Doktorarbeit ein philosophisches Angebot für Neun- bis Elfjährige im Universum. „Dabei erkunden die Kinder erst einmal die Ausstellung. Anschließend führen wir gemeinsam ein philosophisches Gespräch, das die Gedanken und Fragen der Kinder aufnimmt und schärft“, berichtet Kather. In der Pilotphase hat die Doktorandin beobachtet, dass beim Philosophieren ganz unterschiedliche Themen zur Sprache kommen – vom Fortschritt bis hin zur Unendlichkeit. „Ich will herausfinden, welche Rolle die Exponate und das Gespräch jeweils dabei spielen, auf welche Fragen die Kinder kommen“, berichtet sie. Außerdem untersucht sie,  inwiefern die Vorstellungen und Wahrnehmungen der Mädchen und Jungen von gesellschaftlichen Bedingungen geprägt sind – und ob sie sich dessen bewusst sind. Bislang existierten kaum empirische Methoden, um den kindlichen Denkprozessen auf die Spur zu kommen, sagt Kather. Mit ihrer Promotion will sie dazu beitragen, solche Verfahren zu entwickeln, wobei  sie auch deren Grenzen im Blick hat.

Auch Jana Marks, die in der Arbeitsgruppe Technische Bildung promoviert, hat keinen klassischen naturwissenschaftlichen Hintergrund. Sie hat Kunstgeschichte studiert, aber bereits mehrere Jahre in einem Science Center in Nürnberg Angebote für Schulklassen entwickelt. Ihre Promotion dreht sich ebenfalls um Angebote des Universum Science Center in Bremen. „Ein häufiger Vorwurf an Ausstellungsmacher lautet, dass sie die Besucher nicht genug in die Planung einbeziehen“, sagt sie. Marks erforscht, was ein Ausflug ins Universum bei den Besuchern auslöst. Sie beobachtet beispielsweise, wie intensiv sich Familien oder Einzelpersonen mit bestimmten Exponaten beschäftigen, ob sie Spaß beim Experimentieren haben oder schnell frustriert sind. Durch Befragungen hat sie festgestellt, dass ein Aufenthalt im Science Center auch für viele Erwachsene eine wertvolle Erfahrung ist: „Deren Vorstellung, dass sie dort nichts mehr lernen können, hat sich aus unserer Sicht nicht bestätigt.“

Wie Experimente besser werden

Neben dem grundlegenden Forschungsinteresse daran, wie die Besuchern die Angebote der Lernorte nutzen, sollen die Doktorarbeiten auch dazu beitragen, die Angebote weiterzuentwickeln. „Die Experimente und Exponate sind häufig schon sehr gut, aber man kann oft noch an bestimmten Stellschrauben so drehen, dass die kognitive Anregung verstärkt wird und mehr Interaktion entsteht“, sagt Komorek. Zusammen mit dem Lernort Technik und Natur hat Christin Sajons das Solarboot-Angebot so verändert, dass die Schülerinnen und Schüler mehr selbst überlegen und entscheiden können – etwa, welche Form der Rumpf ihres Bootes aus physikalischen Gründen haben soll und ob sie die Solarzellen in Reihen- oder Parallelschaltung anordnen. Durch die stärkere Autonomie steige die Motivation der Schüler, aber auch ihr fachliches Verständnis, so ein Ergebnis von Sajons Arbeit.

Dr. Dirk Stiefs, Leiter des DLR_School_Lab in Bremen und gleichzeitig GINT-Doktorand, freut sich über die greifbaren Ergebnisse des Programms. Auch in seinem Schülerlabor hat Sajons Schülergruppen begleitet und Lernangebote untersucht. „Wir profitieren durch die Zusammenarbeit, indem einzelne Angebote bezüglich lernrelevanter Aspekte weiterentwickelt werden, zum Beispiel hinsichtlich  der Problemorientierung“, sagt er. Stiefs ist promovierter Physiker und bildet sich durch seine zweite Promotion im Bereich Didaktik weiter.

Promovieren im Team

Die Programmleitung organisiert für die Doktoranden drei- bis viermal im Jahr Seminare zu Themen wie Motivationsforschung, Lernen im Museum oder wissenschaftlichem Schreiben. Außerdem gibt es regelmäßige Workshops, um sich mit allen Betreuern gemeinsam über den Stand der Arbeiten auszutauschen. „Diese Diskussionen profitieren sehr davon, dass jeder eine andere Fachexpertise einbringt und die Arbeiten viele unterschiedliche Denkanregungen bekommen“, sagt Röben. Dadurch, dass Betreuer aus Dänemark und Griechenland an dem Programm beteiligt sind und weitere Gäste aus dem Ausland zum Austausch eingeladen werden, befruchten auch internationale Perspektiven die Arbeiten. Dazu hat auch eine von GINT kürzlich veranstaltete Tagung mit 140 Gästen beigetragen, zu der Vertreter von Hochschulen und von außerschulischen Lernorten eingeladen waren.

Die Doktorandinnen und Doktoranden sehen den Austausch und die Zusammenarbeit innerhalb des interdisziplinären Programms ebenfalls positiv: „Das Promotionsprogramm ist sehr wertvoll für mich, weil es den Blick für andere Fachgebiete öffnet und Einblicke in andere Lernorte gibt“, sagt Stiefs. „Es gibt sehr viele Parallelen und Anknüpfungspunkte zwischen den unterschiedlichen Projekten, der Austausch im Team ist sehr eng“, berichtet Caroline Kather. Auch Sajons findet: „Die Treffen und auch die Rückmeldung von den Betreuern der anderen Hochschulen sind extrem bereichernd.“

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(Stand: 20.11.2024)  | 
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