UGO beleuchtet steigende Energiepreise

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UGO beleuchtet steigende Energiepreise

Fast 200 Gäste bei Diskussionsveranstaltung in der Alten Fleiwa

Oldenburg. Die rasant steigenden Energiepreise sind derzeit das wohl meist diskutierte und brisanteste Thema in Deutschland und Europa. Durch den Angriffskrieg Russlands gegen die Ukraine sind jahrzehntelange Lieferbeziehungen – vor allem beim Erdgas – beendet worden. Das hat zu enormen Preissteigerungen geführt, die Privathaushalte und Unternehmen stark belasten.

200 Gäste

Das Veranstaltungsformat „Sound of Science“ der Universitätsgesellschaft (UGO) hat diese Entwicklung am 25. Oktober zum Thema einer sehr prominent besetzten Diskussionsveranstaltung in der Alten Fleiwa gemacht. Fast 200 Gäste waren dabei, die Veranstaltung war damit ausgebucht. Musikalisch begleitet wurde der Abend von der Band „Sound of Science“.

Band Sound of Silcence

Auf dem Podium konnte der Vorstandsvorsitzende der UGO, Prof. Werner Brinker, folgende Diskutanten begrüßen. Prof. Dr. Klaus-Dieter Maubach (Vorstandsvorsitzender Uniper), Sebastian Jurczyk (Vorsitzender der Geschäftsführung der Stadtwerke Münster), Hermann Schüller (Geschäftsführender Gesellschafter von Semco Glas, Westerstede), Dr. Sven Orlowski (Vorsitzender der Geschäftsführung der EWE Trading ), sowie  Konstantin Herzog von Oldenburg (Geschäftsführer der VNG Handel und Vertrieb GmbH).

Gegliedert wurde der Abend in vier thematische Blöcke:

  • Rückblick auf die Entwicklung der Erdgasgeschäfte mit der Sowjetunion
  • Der veränderte Markt durch die Liberalisierung
  • Auswirkungen des Ukraine-Krieges auf den Markt
  • Ausblick auf die künftige Energieversorgung (Energiewende)

 

 

Entspannungspolitik und Erdgasröhrengeschäft

Der Abend begann mit einem Impulsvortrag von Klaus-Dieter Maubach über die ersten Erdgasröhrengeschäfte der deutschen Wirtschaft mit der Sowjetunion. „Diese wären ohne die Entspannungspolitik in den 70ziger Jahren, die von Williy Brandt und Egon Bahr initiiert wurde, nicht möglich gewesen“, so Maubach.

Was bis Ende 2021 dann zu einer starken Abhängigkeit von einem Lieferanten geführt hat, war in den jeweiligen Schritten immer politisch flankiert - und zwar „unabhängig davon, ob der Bundeskanzler von der SPD und der CDU gestellt wurde“, betonte Maubach.

Beide Seiten haben davon profitiert, Deutschland durch eine verlässliche und relativ preisgünstige Erdgaslieferung, die Sowjetunion und Russland durch die entsprechenden Zahlungen. Zuletzt waren es 25 Mrd. Euro im Jahr. Auch für die Leipziger VNG war dieser Bezug über Jahrzehnte ein verlässliches Geschäftsmodell, ergänzte Konstantin Herzog von Oldenburg. Davon hätten viele Großkunden der VNG (bis zu 400 Stadtwerke) lange Zeit profitiert.

Die Frage aus dem Publikum, warum es letztlich zu dieser starken Abhängigkeit gekommen sei und warum nicht früher LNG-Terminals gebaut worden seien, beantwortete Klaus-Dieter Maubach so: „Mit Uniper haben wir viele Anläufe unternommen, einen LNG-Terminal zu bauen, erst 2019 war ein erneuter Versuch gescheitert. Wir haben schlicht keine Kunden gefunden, die Interesse an diesem Angebot hatten, eine Investition hätte sich für uns nicht gelohnt“.

Außerdem sei in den Niederlanden die Fördermenge reduziert worden und die Förderung in Deutschland gehe auch zurück, dies habe ebenfalls dazu beigetragen, russisches Gas in einer immer zentralere Rolle zu bringen.

 

Liberalisierung des Gasmarktes

Im zweiten Block, der sich mit der Liberalisierung des Erdgasmarktes ab 2003 beschäftigte, befragte Moderator Werner Brinker dann Sven Orlowski, Hermann Schüller und Sebastian Jurczyk.

Für Orlowski (EWE) war klar, dass nunmehr viel mehr Akteure am Markt auftreten, was den Einkauf vor erhebliche Herausforderungen stelle. Es gelte immer schneller zu reagieren, um Preisschwankungen möglichst auszugleichen.

Werner Brinker brachte es auf die kurze Formel: „Die Handelsmechanismen haben sich geändert, es ging immer mehr von der Lang- zur Kurzfristigkeit“.

Die aktuell stark steigenden Gaspreise verursachen enorme Kosten, etwa in der energieintensiven Glasproduktion. Hermann Schüller bezifferte den Kostenanstieg bei Semco Glas mit insgesamt etwa150 Mio. Euro. Er forderte deshalb von der Politik „stabile Rahmenbedingungen zu setzen“.

Sebstian Jurczyk referierte die Einkaufspolitik der Stadtwerke Münster. Dort werden die Gasmengen zu verschiedenen Zeitpunkten – gestreckt über etwa drei Jahre – eingekauft. Damit soll das Risiko minimiert werden, zu teuer einzukaufen.

„Wir arbeiten daran, einen Durchschnittspreis zu erzielen um die Preisausschläge abzufedern“, so Jurczyk.

 

Der Krieg in der Ukraine und seine Auswirkungen

Die Auswirkungen des Krieges in der Ukraine waren Thema im dritten Block.

Die Preise für Erdgas (aber auch für Erdöl) sind mit Kriegsbeginn stark gestiegen, teilweise um das Zehnfache. Werner Brinker warf in diesem Zusammenhang die Frage nach den Maßnahmen der Bundesregierung auf, vor allem den Versuch ,mit einer Gasumlage den Preisanstieg zu bekämpfen.

„Die erste Reaktion der Bundesregierung, eine Gasumlage einzuführen, war nachvollziehbar“, erläuterte Klaus-Dieter Maubach. Uniper hatte trotz des Krieges mit weiteren Lieferungen aus Russland gerechnet und sich auf eine fast 50jährige Vertragstreue verlassen. Mit diesen Lieferungen wäre die Gasumlage in der Tat geeignet gewesen, die Verluste des Unternehmens auszugleichen, Uniper hatte 23 Mrd. Euro  aus der Gasumlage beantragt. Als die Lieferungen jedoch völlig ausblieben, spitzte sich die finanzielle Lage des Unternehmens dramatisch zu, letztlich blieb nur eine Mehrheitsbeteiligung des Bundes, um eine Insolvenz zu verhindern. Uniper steht mit seinen Lieferungen aus Russland für ungefähr ein Viertel des gesamten Gasverbrauchs in Deutschland.

Für Hermann Schüller ist eine Deckelung des Gaspreises erforderlich, um verlässlich kalkulieren zu können. Im Ausland ist es teilweise deutlich billiger, auch Semco müsse deshalb überlegen, Teile der Produktion zu verlagern.

Statt der nicht eingeführten Gasumlage richten sich jetzt die Blicke auf eine Gaspreisbremse, die Verbraucher und Unternehmen finanziell entlasten soll.

Die konkrete Umsetzung der Gaspreisbremse ist für den Stadtwerke Chef Jurczyk vor allem eine enorme Aufgabe für die IT-Abteilungen bei den Energieunternehmen. Es gelte einen Weg zu finden, um die Kunden im Dezember komplett von den Abschlägen zu entlasten und dann ab März weitere Entlastungsschritte umzusetzen.

Ein Vorziehen der Gaspreisbrems auf den Januar hält er für nicht möglich.

Die Situation habe bereits jetzt dafür geführt, dass man Neukunden nicht ohne Probleme aufnehmen könne. „Denn für diese Kunden müssen wir sehr teures Gas einkaufen, was letztlich den Preis für alle erhöht. Unsere langjährigen Kunden würden damit Nachteile haben, das wollten wir verhindern.“ Wir haben also einen gesonderten Tarif für Neukunden eingeführt.

 

 

Ausblick: Neue Lieferanten und Ausbau der Erneuerabren

Einig waren sich alle Podiumsteilnehmer darin, den Ausbau der Erneuerbaren stark zu beschleunigen. „Die Dekarbonisierung der Volkswirtschaft ist weiter ein zentrales Thema, der Klimawandel wird auch in Deutschland immer spürbarer, im Sommer haben wir einen Vorgeschmack darauf bekommen“, sagte Maubach.

Dabei ist allerdings ein enormes Tempo erforderlich, wie Werner Brinker am Beispiel der Offshore-Windenergie erläuterte. Bislang sind dort 8 Gigawatt installierte Leistung vorhanden, 30 Gigawatt sollen es nach Plänen der Bundesregierung bis 2030 werden.

Wenn es darum geht, neue Lieferanten zu finden, um russisches Pipelinegas zu ersetzen, zeigen sich aber bereits jetzt neue Probleme und Schattenseiten. Denn das vergleichsweise reiche Europa hat LNG vom Markt gekauft, dass in ärmeren Ländern jetzt fehlt.

Ob man sich deshalb nicht auch um die Bedingungen in den Herkunftsländern kümmern müsse, fragte Brinker. Dies sei richtig und geschehe auch, sagte Maubach. Sein Bespiel ist die „Bettercoal“-Initiative, die sich um bessere Arbeitsbedingungen für Bergarbeiter einsetzt.

Dieser Weg werde auch künftig gegangen werden müsse. „Damit rette man die Welt zwar nicht, aber man leiste einen Beitrag, sie besser zu machen.“

In seinem Schlusswort bedankt sich Werner Brinker bei allen Podiumsteilnehmern und sah zahlreiche Anregungen für weitere Gespräche. Denn es scheint sicher, dass eine sichere Energieversorgung, der Ausbau der Erneuerbaren und die Energiepreise eines der bestimmenden Themen der kommenden Jahre bleiben werden.

Moderator: Prof. Werner Brinker

Moderierte den Abend engagiert und sachkundig: Prof. Werner Brinker, Vorstandsvorsitzender der UGO

 

Unterstützt wurde die Veranstaltung „Sound of Science“ am 25. Oktober von folgenden Sponsoren:

Wir danken den Sponsoren herzlich für diese Unterstützung  

 

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