Wasserstoff-Brennstoffzellen haben großes Potenzial, ihr Durchbruch aber lässt auf sich warten. Die Juniorprofessorin Mehtap Özaslan leitet seit Juli eine BMBF-Nachwuchsgruppe, die der emissionsarmen Technologie mit neuen Impulsen auf die Sprünge helfen will.
In der Vergangenheit immer wieder bejubelt, doch der Durchbruch fehlt bis heute: Brennstoffzellen sind zu teuer, unausgereift und zu unzuverlässig – so zumindest lautet die Kritik. „Eines der großen Hindernisse für die breite Markteinführung sind die hohen Materialkosten durch die Verwendung von reinem Platin als Katalysator“, erklärt die Chemikerin Prof. Dr. Mehtap Özaslan. Noch immer werden große Mengen des teuren und sehr seltenen Edelmetalls für die Elektroden der Brennstoffzellen benötigt, an denen die elektrochemischen Umwandlungsprozesse stattfinden. Ohne die Katalysatorwirkung des Platins lassen sich derzeit nicht die notwendigen Leistungen in der Brennstoffzelle erreichen. „Ein nachhaltiger Umgang mit teuren Materialien wie Platin ist aber notwendig, um eine wirtschaftliche Nutzung von Brennstoffzellen langfristig zu ermöglichen“, erklärt Özaslan.
Neue Impulse sind also gefragt, und genau die will die Junior-Professorin mit ihrer Nachwuchsgruppe „Effiziente und robuste Elektrokatalysatoren für die Niedertemperatur-Polymer-Elektrolyt-Membran-Brennstoffzelle“ geben. Ein sperriger Titel, hinter dem sich eine Schlüsseltechnologie für die Umgestaltung der Energiesysteme verbirgt: Wasserstoffbetriebene Brennstoffzellen gelten als saubere Alternative zu konventionellen Verbrennungsmotoren, weil bei ihrem Betrieb neben elektrischer Energie nur Wasser entsteht. Sie arbeiten geräuschlos, haben einen höheren Wirkungsgrad als Verbrennungsmotoren und liefern Elektrizität statt Bewegung, sodass viele Anwendungsfelder in Betracht kommen. Die Bandbreite reicht von der Bordstromversorgung auf Schiffen über Kraft-Wärme-Anlagen im Eigenheim bis hin zum Fahrzeugantrieb. Längst ist diese ressourcenschonende Energieversorgung zur „Chefsache“ geworden: Jüngst hat das Bundeskabinett das Regierungsprogramm Wasserstoff- und Brennstoffzellentechnologie 2016 bis 2026 beschlossen.
Im Fokus der Nachwuchsgruppe stehen sowohl das Edelmetall Platin als auch das Trägermaterial, die zusammen den Katalysator bilden: „Wir schauen uns den Katalysator als Ganzes für beide Halbzellen in der Brennstoffzelle an – das unterscheidet unsere Gruppe von vielen anderen“, so die Chemikerin. Ihre Verbesserungen sollen dazu beitragen, dass sich die Lebensdauer der Brennstoffzelle verlängert und sie erschwinglich wird. Billiger wird die Brennstoffzelle, wenn weniger Platin verwendet wird. Da die Katalyse nur an der Platinoberfläche stattfindet, lässt sich Platin durch die Zugabe von unedleren Metallen wie Kobalt und Nickel einsparen. Indem die Forscher diese sogenannten Legierungsnanopartikel verwenden, verbessern sie zudem die Leistungsfähigkeit der Elektroden: „Dadurch reduzieren wir drastisch die Menge an Platin, erreichen aber die gleichen und sogar höheren Leistungskennzahlen wie mit reinem Platin“, erklärt Özaslan.
Die Junior-Professorin und ihre Mitarbeiter „designen“ sich sozusagen den optimalen Nanopartikel. „Aber jeder Nanopartikel braucht auch einen guten Ankerpunkt auf dem Trägermaterial“, erklärt die Forscherin. Kohlenstoff als Trägermaterial ist nicht nur günstig, sondern auch sehr leitfähig. Andererseits korrodiert er unter den Betriebsbedingungen einer Brennstoffzelle schnell – ein Verlust des Kohlenstoffgerüsts ist die Folge. Daraus ergibt sich ein höherer Partikelabtrag, folglich verringern sich die Effizienz und Lebensdauer der Katalysatoren. Die Forscher müssen also den Kohlenstoff so verändern, dass er stabiler wird. Das gelingt, indem sie beispielsweise Fremdatome wie Stickstoff ins Kohlenstoffgerüst einbauen. „Der Schlüssel liegt in der Wechselwirkung zwischen Partikel und Kohlenstoff“, schildert Özaslan.
In den kommenden Monaten werden die Wissenschaftler zunächst die beiden Halbzellenreaktionen der Brennstoffzelle getrennt voneinander untersuchen. „So erhalten wir eine Übersicht des Verhaltens der bei uns entwickelten Materialien“, sagt die Junior-Professorin. Erst im Anschluss gehen sie, ihre drei Doktoranden und ein Postdoktorand, den Schritt aus dem Labormaßstab in die reale Brennstoffzelle. Eine entsprechend große Teststation, die Özaslan für April 2017 erwartet, ist Bestandteil des 2 Millionen Euro Projekts, das das Bundesforschungsministerium zum 1. Juli genehmigt hatte. Die Wissenschaftlerin ist davon überzeugt, dass die Ergebnisse ihrer Nachwuchsgruppe dazu beitragen, der Brennstoffzellentechnologie zum Durchbruch zu verhelfen.