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Prof. Dr. Stephanie Birkner

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  • Frauen an der Spitze von Unternehmen werden oft als „Quotenfrauen“ wahrgenommen. Dieser Stempel lastet mitunter als Makel auf dem weiblichen Nachwuchs, sagt Stephanie Birkner, Professorin für Female Entrepreneurship. Foto: AdobeStock/ fotogestoeber

Frauen an der Spitze

Sind Frauenquoten in Aufsichtsräten von Unternehmen notwendig? Ja - meint Stephanie Birkner, Expertin für Female Entrepreneurship, und erläutert, warum Frauen seltener Unternehmen gründen und ob es einen typisch weiblichen Führungsstil gibt.

Sind Frauenquoten in Aufsichtsräten von Unternehmen eigentlich notwendig? Ja - meint Stephanie Birkner, Expertin für Female Entrepreneurship, und erläutert, warum Frauen seltener Unternehmen gründen und ob es einen typisch weiblichen Führungsstil gibt.

Frau Prof. Birkner, seit 2016 gibt es in Deutschland für börsennotierte Unternehmen eine Quote für Frauen in Aufsichtsräten, zudem müssen sich Unternehmen mit mehr als 500 Mitarbeitenden eine Zielvorgabe für den Frauenanteil in Führungspositionen setzen. Was halten Sie von solchen Gesetzen?

Ich halte solche Gesetze für ein notwendiges Übel. Forschung und Praxis zeigen, welchen positiven Einfluss vielfältig besetzte Teams und Entscheidungsgremien auf soziale und ökonomische Entwicklungen haben. Diese Erfahrungen scheinen jedoch nicht auszureichen, um althergebrachte Routinen und Rituale weiter aufzubrechen. Vor diesem Hintergrund befürworte ich eine Quotenregelung.

Verlief die Umsetzung Ihrer Ansicht nach bisher erfolgreich?

Die Art und Weise, wie die Quotenvorgaben eingeführt wurden, sehe ich kritisch. Zum einen können Unternehmen eine Selbstverpflichtungsquote von null Prozent festlegen – das setzt durchaus fragwürdige gesellschaftliche Zeichen. Zum anderen fehlt es meiner Meinung nach vor allem an begleitenden Maßnahmen, die für häufig unbewusste Vorurteile sensibilisieren. So erleben und bewerten in diesem Zuge viele Personen das gleiche Führungsverhalten unterschiedlich, je nachdem, ob es von einer Frau oder einem Mann ausgeht. Eine Quote kann aber nur dann ihre Wirkung entfalten, wenn die geförderten Frauen in ihrem Handlungsspielraum nicht durch solche Vorurteile eingeschränkt werden.

Woran hapert es noch?

Zu häufig lastet der Stempel, „Quotenfrau“ zu sein, noch als Makel und nicht als Auszeichnung auf dem weiblichen Nachwuchs. Ein weiterer wichtiger Punkt ist aus meiner Sicht, dass weibliche Nachwuchskräfte neben allen bereits bestehenden Aufgaben zusätzlich „Quotenfunktionen“ übernehmen: Sie sind beispielsweise häufig in Verwaltungsgremien eingebunden, damit dort eine bestimmte Frauenquote erreicht wird. Damit sie daneben weiterhin Raum für ihr Alltagsgeschäft haben, müssen sie aus meiner Sicht in diesem entlastet werden, zum Beispiel durch die Möglichkeit, Aufgaben zu delegieren. Ebenso halte ich es für essenziell, weiblichen Nachwuchs bereits frühzeitig und weitreichender zu fördern, damit die zusätzlichen Aufgaben nicht nur auf den Schultern der wenigen Frauen lasten, die es bislang geschafft haben, die „gläserne Decke“ zu durchbrechen.

Was sind Ihrer Meinung nach Ursachen dafür, dass Frauen nach wie vor selten Unternehmen gründen?

Ein wichtiger Grund dafür ist, dass es zu wenige weibliche Rollenvorbilder gibt, die gesellschaftlich sichtbar sind und eine Alternative zum vorherrschenden Erfolgsstereotyp vorleben. Darüber hinaus werden Gründungsideen von Frauen häufig nicht als erfolgreiches Geschäftsmodell angesehen. Studien zeigen, dass Frauen ebenso wie Männer durchaus auf marktumwälzende Innovationen setzen, die es Unternehmen ermöglichen, schnell viel Geld zu erwirtschaften. Daneben stellen Frauen aber häufig auch Werte wie die Schaffung von Arbeitsplätzen oder den gesellschaftlichen Nutzen eines Produkts in den Vordergrund. Auf diese Denkweise sind viele in der Gründerszene, von Risikokapitalgebern und Risikokapitalgeberinnen über politische Förderinstitutionen bis hin zu strategischen Kooperationsorganisationen, schlecht eingestellt. Oft bewerten sie Innovationen lediglich zweidimensional, hinsichtlich ihres technologischen Fortschritts und Markteinflusses, und berücksichtigen die Dimension des gesellschaftlichen Mehrwerts nicht.

Würden Sie sagen, dass es einen typisch weiblichen Führungsstil gibt?

Diese Frage lässt sich schwer konkret beantworten. Dies liegt daran, dass Führungsstile an sich so vielfältig sind oder, besser gesagt, sein könnten wie die Menschen, die führen und geführt werden. In der Vergangenheit mussten sich Frauen häufig an maskuline Ideale anpassen, um in Führungspositionen zu gelangen. Allerdings ist die Arbeitswelt im Wandel, viele Unternehmen und Institutionen setzen auf neue Organisationsformen. In diesem Zusammenhang entwickeln sich alternative Führungskonzeptionen, die Chance eröffnen, maskuline Ideale zu hinterfragen und zu verändern.

Sind Frauen bei Entscheidungen weniger risikobereit als Männer?

Diese verbreitete Annahme können wir in unseren Forschungen nicht allgemein bestätigen. Stattdessen beobachten wir, dass Frauen teilweise anders abwägen, wenn es sich um hoch risikobehaftete Entscheidungen handelt. Frauen scheinen deutlich mehr als Männer bereit zu sein, ein persönliches Risiko zugunsten des Gemeinwohls einzugehen. Männer bewerten Risiken dagegen eher auf der Grundlage ihrer eigenen Kompetenzwahrnehmung, die häufig positiver ausfällt als bei Frauen: Frauen werten sich eher ab und schätzen Risiken damit als weniger beherrschbar ein.

Wie gehen Männer und Frauen mit Konkurrenz um?

Erste Studien zeigen, dass für den Umgang mit Konkurrenz oft nicht das Geschlecht selbst eine Rolle spielt, sondern vielmehr, ob eine Person eine eher maskuline oder eher feminine Haltung aufweist. Maskulin geprägte Menschen sehen Konkurrenz häufiger in Begriffen von Über- oder Unterordnung und denken so in Hierarchien. Wer hingegen Konkurrenz aus femininer Sicht betrachtet, legt eher Wert darauf, ihm unterstellte Mitarbeitende so zu fördern, dass sie ein Kompetenzprofil entwickeln, das möglichst weit von dem eigenen entfernt liegt. So wird es möglich, auf Augenhöhe auch in Zukunft gemeinsam erfolgreich zu sein.

Interview: Iria Sorge-Röder

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