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Kartenvorverkauf KinderUniversität

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Dr. Leena Karrasch
Institut für Ökologische Ökonomie
Tel: 0441/798-4328
leena.karrasch@uol.de

  • Leena Karrasch beschäftigte sich mit den Folgen des Klimawandels für Ostfriesland. Foto: Marina Rizovski-Jansen

  • Luftbild vom Freepsumer Meer, einem ehemaligen See, der 2,50 Meter unter Normalnull liegt.

    Das Freepsumer Meer liegt 2,50 Meter unter Normalnull und ist der niedrigste Punkt von Niedersachsen. Foto: Hanspeter Liniger

  • Der Pilsumer Leuchtturm, ein runder, elf Meter hoher, rot-gelb angestrichener Turm, liegt direkt auf dem Nordsee-Deich.

    Der Pilsumer Leuchtturm gilt als Wahrzeichen der Gemeinde Krummhörn. Foto: Leena Karrasch

  • Die Salzwiesen in der Gemeinde Krummhörn stehen nach Regenfällen regelmäßig unter Wasser. Foto: Leena Karrasch

Leben in der Badewanne

Die Erde erwärmt sich, das merkt man auch in Norddeutschland. Wie sich der Klimawandel in Ostfriesland auswirkt, verrät die Nachhaltigkeitsforscherin Dr. Leena Karrasch in der zweiten Vorlesung der KinderUniversität – und hier im Interview.

Die Erde erwärmt sich, das merkt man auch in Norddeutschland. Wie sich der Klimawandel in Ostfriesland auswirkt, verrät die Nachhaltigkeitsforscherin Dr. Leena Karrasch in der zweiten Vorlesung der KinderUniversität am 5. September – und hier im Interview. 

FRAGE: Der ganze Norden leidet im Sommer 2018 unter Hitze und Trockenheit. Werden wir solches Wetter in Zukunft häufiger erleben? 

ANTWORT: Nach allem was man weiß, werden solche extremen Wetterperioden tatsächlich durch den Klimawandel vermehrt auftreten. Aber man darf den Unterschied zwischen Wetter und Klima nicht vernachlässigen. 

FRAGE: Worin besteht der?

ANTWORT: Als Wetter bezeichnet man den aktuellen Zustand der Atmosphäre, also zum Beispiel Regen, Wind, Sonne, Hitze oder Kälte. Es ist wirklich das, was wir zurzeit wahrnehmen. Wenn man über Klima spricht, meint man dagegen die durchschnittlichen Wetterereignisse über einen langen Zeitraum. Meistens betrachtet man dafür mindestens 30 Jahre. Wenn man herausfinden will, ob sich das Klima verändert, muss man schauen: Was hat sich innerhalb der letzten 30 Jahre verändert im Vergleich zu den 30 Jahren davor? Bei einer einzelnen Hitzewelle kann man also nicht unbedingt von Klimawandel sprechen.

FRAGE: Woher weiß man denn, dass sich das Klima tatsächlich erwärmt?

ANTWORT: Durch langjährige Messungen. Solche Daten zeigen zum Beispiel, dass die Jahresdurchschnittstemperatur in Deutschland zwischen 1881 und 2013 um insgesamt 1,4 Grad Celsius angestiegen ist. In den letzten 30 Jahren war der Anstieg besonders stark, allein in diesem Zeitraum haben sich die Temperaturen um 0,7 Grad Celsius erhöht.

Dürren werden häufiger

FRAGE: Was bedeutet das für unsere Region? Wird sich das Klima auch in Zukunft verändern?

ANTWORT: Im Sommer werden wahrscheinlich häufiger längere Trockenperioden auftreten. Hier in den tiefliegenden Gebieten werden wir aber wohl normalerweise noch genug Wasser zur Verfügung haben. Die Bauern im südlichen Niedersachsen merken den Wassermangel allerdings jetzt schon, viele müssen im Sommer bereits bewässern. Das wird in Zukunft sicherlich noch stärker werden. Für uns hier an der Küste wird Wassermangel dagegen wahrscheinlich nicht das dringendste Problem sein.

FRAGE: Sondern?

ANTWORT: Im norddeutschen Raum wird es viel häufiger regnen, vor allem im Herbst, Winter und Frühjahr. Wir müssen außerdem mit extremeren Regenereignissen rechnen. Das heißt, es fällt viel mehr Regen innerhalb kurzer Zeit. Das wird den größten Einfluss hier auf die Region haben.

FRAGE: Welche Probleme sind dadurch zu erwarten?

ANTWORT: Wenn es mehr regnet und gleichzeitig immer mehr Flächen bebaut werden, fließt das Wasser schneller ab und es kann zu Überschwemmungen kommen. Felder oder auch Siedlungen stehen dann einfach unter Wasser, weil die Gräben überlaufen. Eine weitere Folge des Klimawandels ist der Meeresspiegelanstieg: Im 20. Jahrhundert ist der Meeresspiegel weltweit durchschnittlich um etwa 19 Zentimeter angestiegen. Bis zum Jahr 2100 ist mit einem weiteren Anstieg um 30 bis 100 Zentimeter zu rechnen. Beides zusammen führt dazu, dass sich die Entwässerung im Küstenraum schwierig gestaltet.

Wie kommt das Wasser ins Meer?

FRAGE: Was heißt das?

ANTWORT: Normalerweise fließt das Regenwasser über Bäche und Flüsse ins Meer. Aber wenn der Meeresspiegel zum Beispiel um 50 Zentimeter ansteigt, dann ist er nicht nur bei Hochwasser erhöht, sondern immer – auch bei Niedrigwasser. In Ostfriesland liegen viele Flächen sehr niedrig, teilweise sogar unterhalb des Meeresspiegels. Das Wasser aus den Entwässerungsgräben fließt daher nur bei Niedrigwasser von alleine ins Meer. In Zukunft könnte das Regenwasser in einigen Bereichen gar nicht mehr natürlich ins Meer strömen, weil das Land auch bei Ebbe tiefer liegt als das Meer. Das System kann das Wasser nicht mehr so abführen wie es eigentlich soll, besonders, wenn es stark regnet.

FRAGE: Kann man dagegen etwas tun?

ANTWORT: Eine Möglichkeit besteht darin, das Wasser mit Pumpen ins Meer zu befördern – was ja auch jetzt schon geschieht. Unter Umständen müssen die Siel- und Schöpfwerke ausgebaut werden, die das Wasser direkt an der Küste in die Nordsee pumpen. Man kann aber auch schauen, ob man Regenrückhalteflächen im Landesinneren schafft, wo man das Wasser zwischenspeichern kann. Das haben wir zum Beispiel im Projekt COMTESS untersucht, einem großen Verbundforschungsprojekt, an dem neun Unis beteiligt waren.

FRAGE: Worum ging es da?

ANTWORT: In unserem Teilprojekt haben wir geschaut, ob man das Freepsumer Meer in der Gemeinde Krummhörn nördlich von Emden nutzen könnte, um Wasser aufzufangen, wenn es extreme Regenfälle gibt. Das Freepsumer Meer ist der tiefste Punkt von Niedersachsen, es liegt ungefähr 2,50 Meter unter dem Meeresspiegel. Man kann sich das ungefähr so vorstellen wie bei einer Badewanne: Wenn es zu stark regnet, dann könnte das Wasser einfach dort hineinfließen und zwischengespeichert werden.

FRAGE: Was halten die Menschen vor Ort von der Idee, eine landwirtschaftlich genutzte Fläche unter Wasser zu setzen?

ANTWORT: Wir haben im Projekt unter anderem mit dem Bürgermeister, der Landwirtschaftskammer, der unteren Naturschutzbehörde, dem Entwässerungsverband, den Deichverbänden und der Regionalplanung zusammengearbeitet. Alle Interessensgruppen saßen an einem Tisch und konnten offen diskutieren, ob der gemeinsam entwickelte Plan eine mögliche Lösung für die Zukunft ist. Die Idee wurde überwiegend positiv aufgenommen: Wasserflächen sind beispielsweise aus touristischer Sicht interessant, aber auch aus Sicht des Naturschutzes. Sogar die Landwirte haben einen Vorteil, wenn weniger Felder überflutet werden. Und im Sommer können sie das Wasser zur Bewässerung nutzen. Inzwischen wurde das Freepsumer Meer als potenzielle Wasserrückhaltefläche in das regionale Raumordnungsprogramm für den Landkreis Aurich aufgenommen.

"Wir werden nicht untergehen"

FRAGE: Wie steht es um die Sicherheit der Deiche, wenn der Meeresspiegel steigt?

ANTWORT: Diese Frage haben wir uns in unserem Projekt auch gestellt. Gibt es mehr Überflutungen und Sturmfluten? Müssen die Deiche höher werden? Es hat sich herausgestellt: Im Projektgebiet zwischen Emden und Norden sind die Deiche jetzt schon sehr gut ausgebaut. Bei höheren Sturmflutwasserständen gibt es natürlich keine hundertprozentige Sicherheit. Aber man kann sagen: Die Deiche sind recht sicher und es wird alles dafür getan, dass das so bleibt. Man kann also mit dem steigenden Meeresspiegel fertig werden. Wir werden nicht untergehen (lacht).

FRAGE: Sind Sie persönlich eher optimistisch oder pessimistisch, ob wir uns hier in der Gegend auf den Klimawandel einstellen können?

ANTWORT: Ich bin ein optimistischer Mensch und ich glaube, dass es etwas bringt, wenn jeder einen kleinen Beitrag zum Klimaschutz leistet. Wenn wir Energie sparen, erneuerbare Energien nutzen, vielleicht öfter mal mit dem Fahrrad fahren und nicht mit dem Auto – wenn wir insgesamt sehr viel weniger CO2 verbrauchen, dann wird der Treibhauseffekt hoffentlich nicht so stark, und es kommt gar nicht zu so einer großen Erwärmung.

FRAGE: Also alles halb so wild?

ANTWORT: Nein, ich sehe viele Dinge auch kritisch: Wir sprechen immer davon, Energie zu sparen und zum Beispiel die CO2-Abgase bei Autos zu verringern. Letztendlich fahren wir aber alle größere Autos, die dann doch mehr CO2 in die Luft pusten. Ich glaube, dass sich die Gesellschaft insgesamt wandeln muss. Auch das Konsumverhalten muss sich verändern.

Terminhinweis:

Der Vorverkauf für die KinderUniversität hat begonnen! Im August und September öffnet das Audimax seine Türen wieder an drei Nachmittagen für Acht- bis Zwölfjährige. Leena Karrasch ist am Mittwoch, 5. September, von 16.30 bis 17.30 Uhr mit dem Thema „Warum Ostfriesland eine Badewanne ist – und wie wir trockene Füße behalten“ an der Reihe.

Weitere Termine:

29. August, 16.30 bis 17.30 Uhr: Prof. Dr. Dr. Joachim Willems, „Weihnachten im Sommer“

19. September, 16.30 bis 17.30 Uhr: Prof. Dr. Michael Komorek, „Was Astronauten alles wissen müssen“

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