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Helmholtz-Institut für Funktionelle Marine Biodiversität an der Universität Oldenburg (HIFMB)

Intergovernmental Science-Policy Platform on Biodiversity and Ecosystem Services (IPBES)

Vita

Dr. Ute Jacob studierte Zoologie, Ökologie und Meeresbiologie in Bremen und promovierte am Alfred-Wegener-Institut, Helmholtz-Zentrum für Polar- und Meeresfsorschung in Bremerhaven. Sie forschte außerdem am University College Cork in Irland, an der University of Wyoming in den USA, an der Universität Hamburg  und am Deutschen Zentrum für integrative Biodiversitätsforschung (iDiv) Halle-Jena-Leipzig. Ihr Forschungsschwerpunkt sind Ökosystemdienstleistungen und komplexe ökologische Netzwerke. Am HIFMB ist sie zuständig für die Vernetzung von Forschung und Naturschutz.

Kontakt

Dr. Ute Jacob

Helmholtz-Institut für funktionelle Marine Biodiversität an der Universität Oldenburg

+49 471 4831-2559

  • Korallenriffe wie hier vor Guam zählen zu den Lebensräumen mit der größten Artenvielfalt - und sind gleichzeitig durch Verschmutzung und Klimawandel stark gefährdet. Foto: Mareen Möller

  • Banner vor dem Konferenzgebäude mit Schriftzug

    Die Konferenz des Weltbiodiversitätsrats IPBES fand in der vergangenen Woche in Paris statt. Foto: Ute Jacob

„Nun gilt es zu handeln“

Gestern hat der Weltbiodiversitätsrat IPBES seinen ersten Bericht zum Zustand der Artenvielfalt veröffentlicht. Dr. Ute Jacob vom Helmholtz-Institut für funktionelle marine Biodiversität an der Universität Oldenburg (HIFMB) war in Paris dabei.

 

Gestern hat der Weltbiodiversitätsrat IPBES seinen ersten großen Bericht zum Zustand der Artenvielfalt veröffentlicht. Dr. Ute Jacob, am Helmholtz-Institut für funktionelle marine Biodiversität an der Universität Oldenburg (HIFMB) zuständig für Vernetzung von Forschung und Naturschutz, ist eine der Lead-Autorinnen und war bei den Verhandlungen in Paris dabei.

Frau Dr. Jacob, Sie haben an dem Bericht des IPBES mitgewirkt. Wie steht es um die Artenvielfalt auf der Erde?

Gesunde Ökosysteme und ihre Artenvielfalt sind letztlich für unser Überleben unerlässlich. Die Artenvielfalt nimmt jedoch rapide ab – mit einer Geschwindigkeit, wie sie in der Geschichte der Menschheit noch nie dagewesen ist.

Was sind global gesehen die größten Bedrohungen für die Biodiversität?

Der Bericht hat fünf Hauptbedrohungen identifiziert: Die größte Rolle spielt die immer intensivere Nutzung von Land, Küsten und Meer durch den Menschen. Das zweite Problem: Viele biologische Ressourcen werden nicht nachhaltig genutzt. Ein Beispiel ist die Überfischung der Meere, die viele Ökosysteme dauerhaft verändert. Weitere Bedrohungen sind der Klimawandel, die Verschmutzung von Land und Meer und die Einwanderung invasiver Arten.

Sie sind Mitautorin eines Kapitels, in dem es um stark genutzte Küstenzonen geht. Wie ist die Lage dort?

Viele Küstenökosysteme sind besonders stark von Artenschwund und Umweltzerstörung betroffen: Seit 1870 ist etwa die Hälfte der Korallenriffe verschwunden. Denn auch die Küsten werden immer stärker genutzt. In Europa lebt beispielsweise die Hälfte der Bevölkerung in Küstennähe. Es gelangen immer mehr Schadstoffe wie Schwermetalle und Düngemittel in die Küstengewässer. Als Folge der Überdüngung gibt es weltweit über 400 Todeszonen, also Meeresgebiete, in denen kaum noch Sauerstoff vorhanden ist. Darüber hinaus wird die Küstenzone aber auch immer stärker bebaut, etwa durch Deiche, Wellenbrecher und Molen, Jachthäfen, Stege und Seebrücken. Die größte Gefahr für die Artenvielfalt ist allerdings die Überfischung: Die industrielle Fischerei deckt mittlerweile mehr als die Hälfte der Ozeanfläche ab. Ein Drittel der Fischbestände war 2015 überfischt.

Welche Bedeutung hat der IPBES-Bericht aus Ihrer Sicht?

Eine sehr große. Er liefert erstmals eine Gesamtübersicht zum Zustand der biologischen Vielfalt und der Leistungen der Ökosysteme weltweit. An diesem Bericht waren 350 Autorinnen und Autoren aus über 50 Ländern beteiligt. Innerhalb von drei Jahren haben wir die wichtigsten Fakten zum Zustand unserer terrestrischen und aquatischen Ökosysteme zusammengetragen. Der Bericht beschreibt, wie sich die Ökosysteme in Zukunft entwickeln könnten und zeigt Handlungsoptionen auf. Nun gilt es, dieses Wissen zu nutzen.

Welche konkreten Erwartungen, etwa an Politiker, knüpfen Sie an die Veröffentlichung des Berichts?

Ich hoffe dass der IPBES-Bericht als Entscheidungsbasis von den Verantwortlichen in Politik, Wirtschaft und Gesellschaft  genutzt wird. Denn mit diesem Bericht haben wir die Fakten aufgezeigt. Nun gilt es zu handeln.

Wie haben Sie die Atmosphäre in Paris empfunden?

Ich habe eine gewisse Aufbruchsstimmung gespürt. Der Zustand unserer Ökosysteme ist mehr als besorgniserregend, aber mit dem Globalen Assessment konnten wir auch zeigen,  dass es Hoffnung gibt. So hat sich das Aussterberisiko für viele Tiere durch die Einrichtung von Schutzgebieten verringert. Einige stark bedrohte Vögel und Säugetiere auf Inseln haben davon profitiert, dass invasive Arten bekämpft wurden. Wenn wir jetzt schnell reagieren, können wir das Artensterben und den Verlust der Ökosystemleistungen möglicherweise noch stoppen.

Interview: Constanze Böttcher/Ute Kehse

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(Stand: 12.04.2024)  | 
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