• Eingang zum Experimentierhörsaal auf dem Campus Wechloy

    Auch der Experimentierhörsaal auf dem Campus Wechloy blieb während des Sommersemesters wegen der Corona-Pandemie leer. Foto: Universität Oldenburg

„Virtuell und sehr real“ – Rückblick auf das Sommersemester (Teil 2)

Videochats statt Hörsaal, Master-Verteidigung online: Das vergangene Sommersemester verlangte vielen Improvisationsvermögen und Flexibilität ab. Hier berichten Lehrende und Studierende, wie sie ihren neuen Uni-Alltag gemeistert haben.

Videochats statt Hörsaal, Master-Verteidigung online: Das vergangene Sommersemester verlangte vielen Improvisationsvermögen und Flexibilität ab. Hier berichten Lehrende und Studierende, wie sie ihren neuen Uni-Alltag gemeistert haben.

Prof. Dr. Christian Busse ist Hochschullehrer für Nachhaltige Produktionswirtschaft am Department für Wirtschafts- und Rechtswissenschaften.

„Das plötzlich digitale Sommersemester 2020 lief in meiner Wahrnehmung erstaunlich reibungslos. Zum Glück haben alle Beteiligten von Beginn an an einem Strang gezogen: Die Studierenden haben die Notwendigkeit der Umstellung verstanden, die IT-Dienste haben in erstaunlicher Geschwindigkeit unsere technischen Kapazitäten erweitert, und das Präsidium hat nicht nur in die richtige Richtung gesteuert, sondern das Ganze auch kommunikativ sehr angenehm begleitet.

Ich selbst hatte das große Glück, dass meine Frau das „Homeschooling“ unserer Kinder faktisch allein bewerkstelligt hat – sonst wäre ich als Dozent womöglich im Chaos versunken. So konnte ich mich darauf konzentrieren, zwei zentrale Lehrmodule wie geplant inhaltlich weiterzuentwickeln und begleitend zu digitalisieren. Das inoffizielle Feedback der Studierenden dazu war sehr positiv.

Für die Zukunft hoffe ich, dass die Universität konstruktiv-kritisch reflektieren wird, inwieweit digitale Elemente nach dem Ende der Coronakrise in der Lehre erhalten bleiben sollten. Zumindest für klassische Vorlesungen, in denen sogenanntes explizites Wissen transportiert werden soll, gibt es meiner Einschätzung nach einen deutlichen Flexibilitätsgewinn für die Studierenden. Diese können nun Ort, Zeit, Geschwindigkeit und Häufigkeit des Durcharbeitens von Vorlesungsvideos frei wählen. Perspektivisch könnte es ähnliche Flexibilitätsgewinne für Dozenten geben. Für Seminare und andere Veranstaltungen, die vom Diskurs und vom Austausch impliziten Wissens leben, sehe ich diesen Vorteil jedoch nicht. Was die angeht, freue ich mich darauf, so bald wie möglich wieder persönlich mit den Studierenden zu kommunizieren.“

Gustavo Montoya hat vor kurzem den Masterstudiengang Neurocognitive Psychology abgeschlossen.

„Vorlesungen anzuhören und zu lernen hieß im letzten Semester für mich vor allem, mich selbst gut zu organisieren. Sogar meine Master-Verteidigung habe ich online gehalten! Das hätte ich mir vorher nie träumen lassen. Es war eine interessante Erfahrung. Zwar war ich weniger aufgeregt, da die Zuschauer ja nicht anwesend waren. Dennoch hätte ich mir einen Vortrag vor Ort gewünscht – auch, um hinterher mit meinen Freunden feiern zu können.

Während des Schreibens meiner Masterarbeit war es wichtig für mich, Pausen einzulegen und nach draußen zu gehen – und Menschen wenigstens aus der Ferne zu sehen. Ich glaube, dass Online- und Vor-Ort-Aktivitäten künftig gut miteinander kombiniert werden können, sehe aber auch, wie wichtig physische Präsenz für das gemeinsame Lernen ist. Ich werde dieses Semester nicht vergessen, nicht nur, weil ich überhaupt mein Studium abgeschlossen habe, sondern auch wegen der ungewöhnlichen Art, mit der ich dies getan habe – virtuell und gleichzeitig sehr real.“ 

Wibke Duwe ist Wissenschaftliche Mitarbeiterin in der Abteilung Didaktik der Informatik am Department für Informatik.

„In meinen Seminaren entwickeln die Studierenden normalerweise selbst kleine Unterrichtssequenzen, in denen sie viele Dinge praktisch ausprobieren und so einfache informatische Grundlagen erlernen und vermitteln. Dieses Format in reine Online-Seminare umzuwandeln, war für mich völlig neu und bedeutete natürlich einen Mehraufwand. Inzwischen sehe ich dies als Zugewinn: Lernten und lehrten die Studierenden in früheren Semestern etwas über die digitale Welt, so nutzten sie jetzt genau diese digitalen Medien zum Lernen und Lehren.

Die Rückmeldungen der Studierenden zum Seminar fielen positiv aus: Vor allem der Bezug zur aktuellen Situation, in der Lehrkräfte vor der Aufgabe stehen, ihren Unterricht mithilfe von digitalen Werkzeugen zu realisieren, motivierte viele, die Tipps und Ideen zum Gestalten von Online-Lerneinheiten selbst auszuprobieren.

Mir fehlte allerdings der persönliche Kontakt zu den Studierenden – trotz regelmäßiger Videochats. Doch die wenigsten Studierenden haben ihre Kameras oder Mikrofone genutzt, so dass ich die meisten nie gesehen habe. In einem neuen Durchgang würde ich dies persönlicher zu gestalten. Ich bin zufrieden, wie das Sommersemester verlaufen ist und habe viele Erfahrungen gesammelt, die ich im Wintersemester einbringen und ausbauen kann.“

Max Schewe studiert im 4. Fachsemester, Master of Education, Deutsch, Politik-Wirtschaft und Geschichte auf Gymnasiallehramt.

„Ich habe die Erfahrung gemacht, dass Dozierende, die auch in einem regulären Semester interessante, erkenntnisreiche und gut strukturierte Veranstaltungen anbieten, ebenso viel Mühe und Hingabe in eine adäquate Online-Lösung investieren. Der befürchtete Worst Case blieb aus und man merkt, dass uns Studierenden von Seiten der Dozierenden angesichts dieser völlig ungewohnten Situation viel Verständnis und Hilfe entgegengebracht wird. Was jedoch kein noch so gutes Online-Format ersetzen oder simulieren kann, ist die gewohnte Seminarumgebung, die zum Austausch über die behandelten Themen anregt und ebenso wie abwechslungsreiche Arbeitsformen physische Anwesenheit voraussetzt.

Womöglich hat die Corona-Krise aber gezeigt, dass einzelne Lehr-Lern-Formate in Zukunft auch digital stattfinden und eine sinnvolle Ergänzung zur eigentlichen Präsenzlehre bilden können. Eins steht aber fest: Ich kann es kaum erwarten, endlich wieder einen regulären Uni-Alltag zu bestreiten – mit kontroversen Diskussionen im Seminar, lehrreichen Vorlesungen, Arbeitssessions in der Bibliothek und kurzen Erholungspausen mit einem Kaffee oder einer Mate auf dem Campus.“

Dr. Nadine Hüllbrock ist Lehrkraft für besondere Aufgaben am Institut für Pädagogik.

"Unsere Lehre auf digitale Formate umzustellen, war nicht leicht zu stemmen – insbesondere bei Seminaren mit Praxisbezug, wie die Vorbereitungen auf Schulpraktika oder die Besuche außerschulischer Lernorte. Hilfe bekam ich dabei von Kolleginnen und Kollegen, die für die Lehrenden digitale Bausteine für die Schulpraktika vorbereitet hatten. In der digitalen Seminararbeit brachten sich meine Studierenden engagiert ein und die studentischen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter haben unermüdlich Apps und Plug-Ins erprobt und mir Stimmungen aus den Seminaren gespiegelt. Langfristig wird die Digitalisierung mehr Vielfalt in die Lehre bringen. Dieses Semester hat mir gezeigt, dass selbstständiges und nachhaltiges Studieren digital gut möglich ist: Die Online-Ergebnisse der Studierenden haben durch Veröffentlichungen direkte Resonanz auch außerhalb des Seminars erzeugt und sind in meiner Lehre auch zukünftig einsetzbar.

Eine besondere Herausforderung war für mich wie für viele Studierende, Kolleginnen und Kollegen die zusätzliche Betreuung von Kindern zuhause. Nachts studieren, tagsüber Kinder betreuen und unterrichten – sicher kein zumutbares und doch mir berichtetes Modell. Wenn kaum noch Zeit bleibt, um sich die Frage der Balance von Arbeit und Freizeit zu beantworten und das digitale Homeoffice die Arbeit in jeder (un)denkbaren Zeit und Situation möglich macht, ist der Austausch miteinander wichtig. Doch diese mündliche Kommunikation ist mir dieses Semester zu kurz gekommen. Darauf werde ich in Zukunft achten – denn gerade jetzt brauchen wir ein starkes Miteinander."

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(Stand: 12.04.2024)  | 
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