• Die Beteiligten von Universität und Gewerkschaftsbund blickten gemeinsam zurück auf ihre 50-jährige Zusammenarbeit.

  • Aus der 50-jährigen Kooperationsvereinbarung ist an der Universität eine zentrale Schnittstelle zwischen Wissenschaft und Arbeitswelt hervorgegangen. Die Leitung der Kooperationsstelle, Uwe Kröcher (hinten links) und Claudia Czycholl (davor, Mitte) feierte das Jubiläum unter anderem mit Uni-Vizepräsident Jörg Stahlmann (hinten), dem Kooperationsausschuss-Vorsitzenden Thomas Breisig (v.r.) und dem ehemaligen Uni-Kanzler Dr. Jürgen Lüthje. Vom Kooperationspartner DGB sprachen Bundesvize Elke Hannack sowie (v.l.) Mehrdad Payandeh und Dorothee Koch ebenso wie - für die Bildungsvereinigung Arbeit und Leben - Björn Allmendinger. Universität Oldenburg / Daniel Schmidt

Weil Forschung und Arbeitswelt füreinander relevant sind

Fünf Paragraphen, drei Unterschriften, ein Erfolgsmodell: So lässt sich die bundesweit erste Kooperationsvereinbarung einer Hochschule mit dem Deutschen Gewerkschaftsbund umschreiben, deren 50-jähriges Bestehen die Uni nun gefeiert hat. 

Fünf knappe Paragraphen, drei Unterschriften, ein Erfolgsmodell: So lässt sich die 1974 geschlossene, bundesweit erste Kooperationsvereinbarung einer Hochschule mit dem Deutschen Gewerkschaftsbund (DGB) umschreiben, deren bald 50-jähriges Bestehen die Uni mit einem Festakt begangen hat. 

Etwa 150 Gäste aus Bildungswesen, Gewerkschaften, Wirtschaft, Politik und Gesellschaft folgten der Einladung der Kooperationsstelle Hochschule-Gewerkschaften. Mit ihr ist eine zentrale Schnittstelle zwischen Wissenschaft und Arbeitswelt inzwischen seit fast vier Jahrzehnten fest an der Universität Oldenburg verankert.

Es sei kein Zufall, dass die Universität in ihrem eigenen Jubiläumsjahr bereits auf eine fast ebenso lange währende Kooperationsvereinbarung mit den Gewerkschaften zurückblicke, sagte Universitätspräsident Prof. Dr. Ralph Bruder in seiner Begrüßung. „Die Gründungsidee der Universität Oldenburg war es von vornherein, gesellschaftliche relevante Fragen aufzugreifen und mit den Lösungen zur Veränderung gesellschaftlicher Realitäten beizutragen – dazu gehörte auch die Arbeitswelt.“ Hochschulen sollten in Bezug zur Arbeitswelt stehen, so Bruder, selbst von Haus aus Arbeitswissenschaftler. Dabei gebe es zwei Richtungen: Wie gelangen aktuelle Fragen aus der Arbeitswelt in die Forschung, und wie gelingt umgekehrt der Transfer neuer Erkenntnisse in die Arbeitspraxis? Bruder: „An beiden Stellen brauchen Sie Übersetzungshilfe, Sie brauchen Moderation – und genau das ist die Idee dieser Kooperationsvereinbarung gewesen.“

Bereits im Monat nach der Uni-Gründung, im Januar 1974, hatte der Gründungsausschuss der Universität einer Kooperation mit den Gewerkschaften einstimmig zugestimmt. Im Oktober nahmen Senat und DGB den daraus resultierenden Vertragsentwurf an, den am 17. Dezember 1974 schließlich der damalige Uni-Rektor Prof. Dr. Rainer Krüger, DGB-Landeschef Georg Drescher sowie Wolfgang Schulze für die Bildungsvereinigung Arbeit und Leben unterzeichneten. Im zweiten der fünf Paragraphen ist als Ziel festgehalten, „Probleme der Arbeitnehmer“ in Forschung, Lehre und Studium an der Universität Oldenburg einzubeziehen, „insbesondere in gesellschaftlicher, wirtschaftlicher, sozialer und kultureller Hinsicht“.

„Eine Wissenschaft in gesellschaftlicher Verantwortung – hier stimmten die Gründungsideale der Universität Oldenburg mit den Vorstellungen des DGB und seiner Mitgliedsgewerkschaften in hohem Maße überein und tun dies bis heute“, sagte die stellvertretende DGB-Bundesvorsitzende Elke Hannack. Damaligem scharfem Gegenwind zum Trotz sei somit in Oldenburg „der Durchbruch gelungen“, sagte Hannack in ihrer Festrede: „Die Aktivitäten der Kooperationsstelle sind für die Gewerkschaftsarbeit von immenser Bedeutung, indem sie Wissenschaft und Praxis vernetzt und zu aktuellen Herausforderungen – wie dem Wandel zu einer nachhaltigen Gesellschaft oder dem Umgang mit Rechtsextremismus – ein Diskussionsforum bietet.“ 

„Die Kooperationsarbeit bringt ungemein wertvolle Impulse für die Forschung aus der Arbeitswelt und umgekehrt“, so der zweite Festredner, der Hochschullehrer Prof. Dr. Thomas Breisig. Für ihn als Betriebswirt, der sich in Forschung und Lehre mit Themen wie Personalplanung und betrieblicher Mitbestimmung beschäftige, liege natürlich die Zusammenarbeit besonders auf der Hand. „Allerdings arbeitet die Kooperationsstelle zu einer großen Bandbreite an weiteren Themen – von guter Arbeit, Bildungsgerechtigkeit, Antidiskriminierung und dem Stärken unserer Demokratie bis hin zur sozial-ökologischen Transformation und Nachhaltigkeit.“ Breisig ist derzeit Vorsitzender des Kooperationsausschusses, dessen Mitglieder aus Universität und Gewerkschaften die Kooperationsarbeit begleiten, gemeinsam mit dem Team der Kooperationsstelle um Dr. Uwe Kröcher und Dr. Claudia Czycholl über Projekte und Schwerpunkte entscheiden.

Zahlreiche weitere Persönlichkeiten aus dem Umfeld von Universität und Gewerkschaften, Wirtschaft und Politik gratulierten der Kooperationsstelle zu ihrer formellen Geburtsstunde vor rund 50 Jahren, darunter etwa – per Videobotschaft – Niedersachsens Wissenschaftsminister Falko Mohrs. 

Bereits an der Vorgängerinstitution der Universität, der Pädagogischen Hochschule, hatte es einen Austausch zwischen der akademischen Lehre und der Berufspraxis gegeben. Dennoch war ein Vertiefen und gar Festschreiben der Zusammenarbeit 1974 keineswegs unumstritten – Medien und Politik setzten sich teils sehr kritisch mit ihr auseinander und stellten die Kooperationsvereinbarung in Frage. Sie hielt jedoch sämtlichen juristischen Überprüfungen stand und erwies sich als Erfolgsmodell, das in andere Regionen transferiert und im Laufe der 1980er-Jahre fest an der Universität Oldenburg verankert wurde. Seit 1997 firmiert die Kooperationsstelle Hochschule-Gewerkschaften als Stabsstelle des Präsidiums. 

Ein frühes Oldenburger Beispiel der Verzahnung zwischen Forschung und Arbeitswelt, das bundesweit Aufmerksamkeit erlangte, war die Kooperation zwischen Biochemie und Gewerkschaften zwischen 1977 und 1982: Ausgangspunkt waren gesundheitliche Beschwerden von Beschäftigten einer Fabrik, aufgrund derer der Betriebsrat und die damalige Industriegewerkschaft Chemie an die Universität herantraten. Laboruntersuchungen ergaben: Bei der zur Entkeimung von Maschinenrohren benutzten giftigen Chemikalie PCP war die sogenannte Wasserdampfflüchtigkeit zuvor nicht bestimmt worden, somit hatten Beschäftigte das Pentachlorphenol eingeatmet. Die Forschungsergebnisse führten nicht nur zum Einsatz eines unbedenklichen Ersatzstoffes, wie das heutige Team der Kooperationsstelle um Dr. Uwe Kröcher und Dr. Claudia Czycholl gemeinsam mit dem ehemaligen Leiter Manfred Klöpper in einem Rückblick schreibt. Das Projekt habe auch die Aufmerksamkeit der Biochemie-Forschenden auf die ökologischen Folgen einer PCP-Einleitung ins Wattenmeer gelenkt – und somit einen wichtigen Impuls gegeben für eine umfangreiche marine Ökosystemforschung, heute einer der ausgewiesenen Forschungsschwerpunkte der Universität. 

Die Kooperationsstelle sieht weiterhin ihre Aufgabe darin, den Dialog zwischen Hochschule und Gewerkschaften zu moderieren und zu organisieren, Raum für Austausch, Vernetzung und Wissenstransfer zu schaffen – auch in vielen Veranstaltungen, die sich an die allgemeine Öffentlichkeit richten. Daneben ist das Team selbst an mehreren Projekten beteiligt, etwa dem sogenannten Zukunftsdiskurs „Arbeitszeit neu denken“ oder dem „Arbeitswelt-Monitor“, der Langzeitfolgen der Corona-Pandemie im Arbeitskontext untersucht. Die Oldenburger Kooperationsstelle ist eine von fünf in Niedersachsen und 14 bundesweit.

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