Eine Ausstellung des Künstlers Klaus Beilstein, in deren Mittelpunkt Porträts von 15 Universitätsangehörigen stehen, bietet noch bis zum 22. November einen ungewöhnlichen Zugang zur Geschichte der Universität.
Im Universitätsarchiv nehmen die Werke des Oldenburger Künstlers und langjährigen Universitätsdozenten Klaus Beilstein einen eigenen Raum ein. In speziellen säurefreien Archivmappen lagern sie dort in den flachen Schubladen der eigens dafür angeschafften Planschränke. „Seine Werke sind der erste und bislang einzige geschlossener Kunstbestand des Universitätsarchivs“, sagt dessen Leiter Dr. Gunnar B. Zimmermann. Als Vorlass gingen 2020 die ersten Werke in den Besitz des Archivs über: darunter 76 Porträts von Universitätsangehörigen, von denen jetzt 15 Teil der multimedialen Ausstellung „Ein Stuhl erzählt Universitätsgeschichte – Klaus Beilsteins ,Uni-Köpfe‘ im Universitätsarchiv Oldenburg“ sind. Zimmermann und sein Team stellen die die „Uni-Köpfe“ im Jubiläumsjahr nicht nur aus, sondern machen sie gleichzeitig zu Eintrittstoren ins umfangreiche Universitätsarchiv.
Im Foyer der Universitätsbibliothek finden sich zu den Uni-Köpfen – darunter beispielsweise der ehemalige Uni-Präsident Prof. Dr. Michael Daxner, der Freizeitsportvisionär Prof. Dr. Jürgen Dieckert oder die erste Ehrendoktorin der Universität, Musikpädagogin und Komponistin Gertrud Meyer-Denkmann, – nicht nur Tafeln mit Angaben zu ihrer Person. An einem digitalen Tisch können Besucherinnen und Besucher anhand der Gesichter und Geschichten abtauchen ins Universitätsarchiv und können – etwa anhand von Fotos, Protokollen oder Artikeln – erkunden, welche Spuren die Porträtierten durch ihr Tun hinterlassen haben.
Verschiedene Weggefährtinnen und Weggefährten Beilsteins beleuchteten im Rahmen der Vernissage am Montagabend im Beisein des Künstlers, warum gerade seine Porträts eine solche Faszination auf Betrachterinnen und Betrachter ausüben. Ob Kreide, Öl, Bleistift oder Lithostifte: „Er beherrscht alle Zeichentechniken auf hohem Niveau, verbindet mit Vorliebe mehrere davon und spielt wie ein Jongleur mit unterschiedlichen Stilrichtungen“, analysierte Dr. Sabine Isensee vom Stadtmuseum Oldenburg. Dabei verwandele er die Wirklichkeit, lasse alles Unwichtige weg und lasse sich vom außerordentlichen Reiz leiten, sich auf etwas Fremdes, Neues einzulassen. „Geglückt ist für ihn ein Bild, wenn es ihm gelingt, etwas zu entlarven, was sich hinter der Selbstinszenierung verbirgt“, so Isensee. Beilsteins leichter, schwungvoller Strich drifte dabei gelegentlich auch in die Karikatur ab – ohne dabei aber jemals arglistig zu sein.
Von dem besonderen Blick Beilsteins – von Freunden auch Klaus Bleistift genannt – wusste ebenso Michael Daxner zu berichten, der in seiner zwölfjährigen Amtszeit als Präsident mehrfach von Beilstein porträtiert wurde. „Ich sitze bei Klaus im Atelier. Ich versuche gar nicht, einen Blick auf seine Blätter zu werfen. Klaus beobachtet immer – oft sieht er mehr als er gerade zeichnet und oft sieht er etwas Anderes beim Anblick seines Modells“, nahm Daxner die Besucherinnen und Besucher gedanklich mit zu einem der Tage, an dem er im Atelier Modell saß.
Daxner verriet, dass mehrere Werke von Beilstein in seiner Wohnung hängen, darunter ein Doppelporträt von ihm selbst mit dem Gründungskanzler der Universität, Dr. Jürgen Lüthje, mit dem er mehrere Jahre lang als Duo die Geschicke der Universität geleitet hatte. „Wie Lüthjes und mein Charakter hervortreten, das beeindruckt mich noch heute.“
Neben Beilsteins künstlerischem Geschick könnte übrigens auch das Möbelstück, das der Ausstellung ihren Namen gegeben hat und ebenfalls im Foyer der Bibliothek zu sehen ist, eine Rolle für die Authentizität der Porträts gespielt haben. Der Stuhl, auf dem die meisten der Porträtierten Modell gesessen haben, sei laut Heidi Beilstein auf Dauer nicht sonderlich bequem gewesen, verriet Gunnar B. Zimmermann augenzwinkernd. „Irgendwann mussten sich alle locker machen und Beilstein etwas von sich offenbaren.“
Präsidenten, Studierende, Mitarbeitende: 76 Porträts allein von Uniangehörigen hat Beilstein angefertigt und vor vier Jahren samt von ihm gestalteter Veranstaltungsplakate an die Universität übergeben. Fast 500 weitere Porträts außeruniversitärer Personen folgten im vergangenen Jahr. Den Kontakt dem früheren Universitätsdozenten und dem Team des Universitätsarchivs knüpfte Gerhard Harms, ehemals Pressesprecher der Universität und Kollege Beilsteins. „Wir haben jahrelang zusammengearbeitet. Früher erschienen zum Beispiel regelmäßig Karikaturen von Klaus Beilstein auf dem Titel des UNI-INFO“, so Harms. Der Kontakt hielt bis in den Ruhestand und als das Thema bei einem Treffen auf das umfangreiche Werk des Künstlers zu sprechen kam, schlug Harms vor, es als Vorlass dem Universitätsarchiv zu übergeben. „Schon während seiner Tätigkeit an der damals jungen Universität, die sich noch in der Region etablieren musste, war Beilstein ein Künstler, den man kannte und der durch seine Beliebtheit auch eine Rolle für die Verbindung der Universität in die Stadt gespielt hat“, begründet Harms eine Aspekt der Bedeutung, die Beilsteins Wirken für die Universität hat.
Diese Einschätzung teilte auch das Universitätsarchiv und schuf die nötigen Voraussetzungen, um den umfangreichen Bestand – weitere Werke sollen noch folgen – sachgemäß zu verwahren. Langfristig sollen die Werke auch für Ausstellungen verliehen werden. Während der aktuell laufenden Ausstellung haben Interessierte jetzt schon die Chance, die Originale aus der Nähe zu betrachten. Zwar können im Foyer aus Sicherheitsgründen nur Abbildungen der Zeichnung ausgestellt werden. Das Team des Universitätsarchivs bietet aber Führungen zu den Originalen an. Alle Termine finden Interessierte hier.