Kaum etwas ist für Startups und Produktentwickler wichtiger als das Feedback von Kunden. Mit der Prototypenparty bringt das Gründungs- und Innovationszentrum seit fünf Jahren Gründer und Tüftler mit potenziellen Investoren, Wissenschaftlern, Unternehmen und interessierten Bürgern zusammen. Warum das Format so erfolgreich ist, erläutern Miriam Wiediger, Leiterin des GIZ, und Joleik Schaffrath, Gründer des Startups SmartMix, im Interview.
Frau Wiediger, das GIZ veranstaltet in diesem Jahr bereits die fünfte Protoypenparty – ein Erfolgskonzept?
Im Laufe der Jahre hat sich die Prototypenparty zu einem festen Termin in der Oldenburger Startup-Szene etabliert. Zu den Gästen gehören Wirtschaftsvertreter, Studierende, Wissenschaftler, aber auch Bürger – eben alle, die Lust haben, neue Produkte auszuprobieren. Einige kommen immer wieder. Auch das Interesse der institutionellen Partner wächst stetig, viele bieten sich als Veranstaltungsort an oder schlagen selbst Aussteller vor. Unser Ziel ist es, die Party immer an einem anderen Ort stattfinden zu lassen. In den vergangenen Jahren waren wir etwa im Technologie- und Gründerzentrum Oldenburg oder bei der Wirtschaftsprüfungsgesellschaft Treuhand Weser-Ems. In diesem Jahr stellt die Oldenburgische Landesbank ihre Räumlichkeiten zur Verfügung.
Warum ist die Veranstaltung aus Ihrer Sicht so beliebt?
Wo sonst hat man die Gelegenheit, neueste Produkte aus Wissenschaft und Wirtschaft in aller Ruhe auszuprobieren? Für Wirtschaftsvertreter ist die Veranstaltung eine tolle Gelegenheit, sich unverbindlich nach Investitionsmöglichkeiten umzugucken. Einige suchen auch nach Projekten, die sie mit ihrem Know-how oder den eigenen Produkten und Dienstleistungen unterstützen können.
Wie läuft die Protoypenparty ab?
Zunächst stellen die Entwickler in kurzen Präsentationen ihren Prototypen vor. Anschließend gehen die Gäste in kleinen Gruppen zu selbst ausgewählten Ständen und testen, was das Zeug hält. Am Ende des Abends wird abgestimmt, welche Prototyper sich über Preisgelder freuen können. Das Konzept haben drei Hannoveraner entwickelt. Seit 2015 führt das Team die Veranstaltung mit Unterstützung regionaler Partner aber auch in anderen Städten durch. Die Uni Oldenburg war damals einer der ersten Außenstandorte. Das ursprüngliche Ziel der Veranstaltung, kreative Köpfe miteinander zu vernetzen, haben wir dabei etwas zugespitzt: Uns geht es primär darum, Gründerinnen und Gründer mit Wirtschaftsvertretern, Investoren und Business Angels zusammenbringen. Um den Austausch für alle Beteiligten so unterhaltsam und produktiv wie möglich zu machen, ist die Teilnahme begrenzt: Produktentwickler können sich für einen von zehn Plätzen bewerben, für Feedback-Geber stehen hundert Tickets zur Verfügung.
Wer bekommt einen Platz als Aussteller?
Das wichtigste ist, dass das Produkt tatsächlich testbar ist. Der Prototyp sollte am besten zum Anfassen sein, Software-Produkte sind nur bedingt für die Veranstaltung geeignet. Das Entwicklungsstadium spielt dagegen keine Rolle – vom ersten Funktionsentwurf bis zum fast marktreifen Produkt ist alles erlaubt. Wichtig ist vielmehr, dass die Entwickler eine konkrete Fragestellung mitbringen, etwa zum Design oder bestimmten Funktionalitäten. Außerdem berücksichtigen wir, ob die Bewerber eine Verbindung zur Universität oder zum GIZ haben. Wer mit einer innovativen Idee überzeugt, hat aber auch als externer Tüftler eine Chance, eingeladen zu werden. Wir hatten auch schon Azubis aus Unternehmen dabei, die im Zuge ihrer Ausbildung eine eigene Produktidee entwickelt haben.
Welche Prototyper sind Ihnen besonders in Erinnerung geblieben?
Vor zwei Jahren hat ein achtjähriges Mädchen mit ihrem Begleiter Sandformen in Form von Gebäuden vorgestellt. Daraus konnte man ganze Sand-Städte bauen. Das kam bei den Gästen super an, die beiden haben dann am Ende auch einen der Preise gewonnen. Ein Startup, dass bereits bei der ersten Party 2015 dabei war und inzwischen international erfolgreich ist, ist Studimus. Das Team hat einen Aschenbecher entwickelt, der den Rauch und die Zigarettenstummel per Luft einsaugt und damit die typischen Raucherbereiche vor Hotels, Einkaufszentren oder Bars sauber hält. Über Lautsprecher und Displays kommuniziert der Aschenbecher außerdem Werbebotschaften. Das Studimus-Team war inzwischen bei jeder Prototypenparty dabei – als heimlicher elfter Prototyp vor dem Eingang der Veranstaltung.
Herr Schaffrath, Sie waren 2018 mit Ihrem Produkt SmartMix als Aussteller bei der Prototypenparty dabei. Mit welcher Frage sind Sie dort angetreten?
Der SmartMix macht das klassische, händische Cocktail-Mixen durch Technologie leicht und fehlerfrei. Mit dem Gerät sollen auch ungeübte Bar-Mitarbeiter Cocktails in gleichbleibender und hoher Qualität herstellen können. Wir wollten wissen, ob die Idee grundsätzlich bei den Leuten ankommt und ob es Laien tatsächlich gelingt, mit unserem Prototyp leckere Getränke zu mixen.
Wie sah Ihr Prototyp aus?
Der Smartmix besteht aus zwei Komponenten: In das Hauptgerät sind eine Waage sowie ein Touchdisplay integriert. Über das Display kann der Nutzer Rezepte auswählen, durch die er anschließend Schritt für Schritt geführt wird. Die Zutaten stehen dabei auf einer Art Tablett, das mittels RFID-Technologie die benötigte Zutat erkennt und aufleuchten lässt, sobald sie benötigt wird. Zur Party war unser Prototyp noch ganz am Anfang, ein reiner Funktionsprototyp. Er war 3D-gedruckt und nicht wasserdicht – was für die Arbeit mit Flüssigkeiten natürlich nicht ganz optimal ist (lacht). Auch die Software hatte noch einige Fehler. Am Vorabend der Party haben wir das erste Mal ausprobiert, ob man ihn überhaupt vorführen kann.
Welches Feedback haben Sie auf der Prototypenparty bekommen?
Wir haben gemerkt, dass wir mit unserem Produkt auf dem richtigen Weg sind. Außerdem wurde uns klar, dass der SmartMix nicht nur für die Gastronomie interessant ist, sondern – in einer anderen Qualitäts- und Preisklasse – auch für den Privatgebrauch. Überraschend war auch, dass die Tester teilweise ganz anders mit dem Produkt umgegangen sind als wir dachten – einige haben zum Beispiel drei bis vier Anweisungen in Folge ignoriert. Das hat uns gezeigt, dass wir die Bedienung noch intuitiver gestalten müssen. Uns selbst wäre das nicht aufgefallen, man wird mit der Zeit in der Produktentwicklung betriebsblind. Außerdem konnten wir den einen oder anderen nützlichen Kontakt knüpfen, beispielsweise zu Unternehmen aus dem Bereich Fertigung. Und nicht zuletzt ist natürlich der Erfahrungsaustausch zwischen den Teams ein wichtiges Moment der Prototypenparty.
Frau Wiediger, welche Startups werden in diesem Jahr bei der Prototypenparty dabei sein?
Im Vorfeld der Veranstaltung bleiben die Prototyper und Ihre Entwicklungen geheim. Aber zwei, drei Einblicke können wir geben: Im menschlichen Notfall wählen wir die 112 für den Rettungsdienst. Für den tierischen Notfall entwickelt einer der Prototyper zurzeit die digitale Erste-Hilfe. Azubis von einem regionalen Energieversorger präsentieren zwei Prototypen aus dem Bereich Mobilität. Und ein Wissenschaftler aus dem DLR-Institut für Vernetzte Energiesysteme e.V. macht eLastenräder fit für die Energiewende.
Kann man sich für dieses Jahr noch zur Prototypenparty anmelden?
Die Plätze für Prototyper sind leider schon vergeben. Interessierte Startups und Entwickler können sich aber jetzt schon für 2020 anmelden. Wichtig ist: Die Schutzrechte müssen bis zur Veranstaltung nächstes Jahr angemeldet sein – ansonsten verwirkt man im unglücklichsten Fall das Recht auf Patentschutz. Für Feedback-Geber gibt es auch für die diesjährige Party noch Karten – aber man sollte schnell sein, meistens ist die Veranstaltung etwa zwei Wochen vor dem Termin ausverkauft.
Neben dem GIZ sind die GIZ gGmbH, die Innovative Hochschule Jade-Oldenburg! und die Oldenburgische IHK an der Organisation beteiligt; finanzielle Unterstützung liefern in diesem Jahr die Gertrud- und Hellmut Barthel Stiftung, die Oldenburgische Landesbank AG, die Patentanwaltssozietät Jabbusch Siekmann & Wasiljeff, sowie der Europäische Fonds für regionale Entwicklung.
Interview: Nele Claus