Das neue Urheberrechts-Wissensgesellschafts-Gesetz soll den Umgang mit digitalen Medien in Forschung und Lehre einfacher machen. Am 1. März tritt es in Kraft. Auf welche Neuerungen müssen sich Hochschulangehörige einstellen? Ein Überblick.
„Das neue Gesetz enthält wesentliche Verbesserungen“, sagt die stellvertretende Leiterin der Universitätsbibliothek, Heike Andermann. „Vor allem, weil es die gesetzlichen Schranken für Bildung, Forschung und Wissenschaft grundlegend neu strukturiert und für mehr Rechtssicherheit sorgt."Die sogenannten Schranken regeln grundsätzlich, unter welchen Umständen Dritte urheberrechtlich geschützte Werke nutzen dürfen. Neu ist, dass die gesetzlichen Bestimmungen nun immer Vorrang haben – unabhängig davon, was in einem Vertrag steht, den ein Autor mit einem Verlag abschließt.
Künftig ist es Hochschullehrern erlaubt, 15 Prozent eines Werkes für nicht-kommerzielle Zwecke in digitalen Semesterapparaten für die Nutzung bereitzustellen. Vorausgesetzt, der Zugang ist mit einem Passwort geschützt. Ganze Aufsätze aus Fachzeitschriften, einzelne Abbildungen und vergriffene Werke dürfen sie vollständig zugänglich machen. Gleiche Regelungen gelten für urheberrechtlich geschütztes Material, dass Lehrende in Prüfungen nutzen. Für eigene Forschung können Wissenschaftler 75 Prozent eines Werkes vervielfältigen.
Keine Einzelmeldepflicht
Hinzu kommt: Wer urheberrechtlich geschütztes Material so nutzt, braucht dies nicht einzeln zu melden – und sich keine Gedanken um die Vergütung zu machen. Denn diese erfolgt weiterhin pauschal beziehungsweise mit Hilfe einer repräsentativen Stichprobe über die Verwertungsgesellschaften.
Nachteilig ist, dass Artikel aus Zeitungen und Kioskzeitschriften nicht mehr in Semesterapparaten bereitgestellt werden dürfen. „Dies trifft besonders die Sozial- und Geisteswissenschaften“, kritisiert Andermann. Nicht erlaubt ist außerdem, Vorträge, Aufführungen oder Vorführungen urheberrechtlich geschützter Werke aufzuzeichnen und später öffentlich zugänglich zu machen.
Erstmals regelt das neue Gesetz auch das für die Forschung so wichtige Text- und Datamining: Künftig können Wissenschaftler Datenbanken, Zeitschriften oder andere Werke, zu denen sie einen legalen Zugang haben – meist durch eine Lizenz – automatisch auslesen, speichern und auswerten. Allerdings nur zu nicht-kommerziellen Zwecken.
Elektronische Fernleihe
Nicht zuletzt profitieren die Bibliotheken: Sie dürfen Werke aus ihrem Bestand umfassend kopieren, zugänglich machen, indexieren, katalogisieren und restaurieren. Zudem können sie nun analoge Bestände digitalisieren und digitale Bestände – auch lizenzierte Produkte wie Datenbanken und Zeitschriften – vervielfältigen. Erfreulich sei, dass Dokumente nun endlich elektronisch und nicht mehr nur per Post oder per Fax versendet werden dürfen, sagt Andermann. Dies gelte jedoch nicht für Zeitungen und Kioskzeitschriften.
Ob die neuen Regelungen langfristig Bestand haben werden, ist noch unklar: Nach vier Jahren sollen sie evaluiert werden. Wird der Gesetzgeber danach nicht tätig, tritt das Gesetz 2023 automatisch außer Kraft. Ein Nachteil – wie die Allianz der Wissenschaftsorganisationen in einer Stellungnahme schreibt: Das Gesetz sei zukunftsorientiert und sollte so bald wie möglich verstetigt werden.