• Mehrere Studierende in weißen Kitteln stehen um den virtuellen Seziertisch (ein großer, waagerecht liegender Bildschirm). Prof. Bräuer zeigt den Umstehenden etwas.

    Die Anatomie des Bauchraums können sich Studierende im „Zirkeltraining Anatomie“ in Zukunft unter anderem am virtuellen Seziertisch (im Vordergrund) erschließen. Foto: Universität Oldenburg/Daniel Schmidt

Neue Ideen für die Lehre

Von Kinderschutz in der Primarstufe bis zu virtueller Realität in der Anatomie: Sieben Projekte der Universität werden im Programm „Innovation plus“ des Niedersächsischen Wissenschaftsministeriums gefördert.

 

Von Kinderschutz in der Primarstufe bis zu virtueller Realität in der Anatomie: Sieben Projekte der Universität werden im Programm „Innovation plus“ des Niedersächsischen Wissenschaftsministeriums gefördert.

Rund 330.000 Euro erhält die Universität in den kommenden beiden Semestern im Programm für die Weiterentwicklung verschiedener Lehrveranstaltungen. Ziel des Vorhabens „Innovative Lehr- und Lernkonzepte: Innovation plus“ ist es, Lehrende dabei zu unterstützen, neue Konzepte nachhaltig zu verankern. Die Oldenburger Projekte sind in den Bereichen Pädagogik, Wirtschaftswissenschaften, Ökonomische Bildung, Chemie, Biologie, Physik und Medizin angesiedelt. Ein vorläufiger Überblick.

Kinderschutz in der Primarstufe

Lehrkräfte sind gesetzlich verpflichtet, zur Sicherung des Kindswohls beizutragen und mit der Jugendhilfe zusammenzuarbeiten, wenn Kinder vernachlässigt, misshandelt oder sexuell ausgebeutet werden. Dafür benötigen sie fachliches Wissen, um Situationen einschätzen zu können: Wie können Signale im täglichen Kontakt wahrgenommen und gedeutet werden? Worauf kommt es an, wenn die Grundschule mit den Fachkräften der Jugendhilfe zusammenarbeitet? Welchen Beitrag können Lehrkräfte leisten, um Kindern langfristig zu helfen und ihre Bildungsbiografie zu sichern? Ein Vertiefungsmodul für Studierende im Lehramt Primarstufe soll ab dem kommenden Wintersemester Fachwissen dazu vermitteln. Die Teilnehmenden erwerben Grundkenntnisse, um Einzelfälle einzuschätzen, Präventionsmaterialen zu beurteilen und Schutzkonzepte für die Primarstufe zu entwickeln. Ein Team um Prof. Dr. Anke Spies vom Institut für Pädagogik schließt damit eine Lücke, die bislang zwischen gesetzlichen Vorgaben zum Kinderschutz und der Ausbildung von Lehrkräften bestand. Das Modul verbindet digitale Formate und praktische Übungen und ist auch für die Fortbildung von Lehrerinnen und Lehrern geeignet.

Kollaborativ lernen

Im Masterstudiengang „Sustainable Renewable Energy Technologies“ am Institut für Physik befassen sich Studierende aus aller Welt mit den physikalischen Grundlagen erneuerbarer Energien, aber auch mit politischen und ökonomischen Rahmenbedingungen. „Verschiedene disziplinäre Perspektiven zu verstehen und miteinander zu verbinden ist für unsere Absolventinnen und Absolventen immer wichtiger“, sagt Programmmanagerin Dr. Herena Torio. Im Lehrmodul „Resiliente Energiesysteme“ sollen die Studierenden nun in die Lage versetzt werden, diese unterschiedlichen Perspektiven auch kritisch zu hinterfragen. Das Team um Torio entwickelt Lernarrangements für sogenanntes kollaboratives Lernen, bei dem die enge Zusammenarbeit in kleinen Teams im Vordergrund steht. Zum Einsatz kommen dabei digitale Werkzeuge zur Strukturierung von Inhalten, interaktive Gruppenboards sowie geeignete Moderationskonzepte.

Durch Digitalisierung nachhaltiges Denken in internationalen Beziehungen fördern

Oldenburger Lehramtsstudierende unterrichten eine Klasse in Südafrika aus der Ferne – das ist das Ziel des Projekts der Biologie-Didaktikerin Prof. Dr. Corinna Hößle. Das Thema der digitalen Unterrichtseinheit lautet „Unsere Ozeane – Gefahren und Schutzmöglichkeiten“. Dafür entwickeln Studierende des Lehramts Biologie Experimente im Labor, die sich mit Problemen wie Überfischung, Verschmutzung der Ozeane, globaler Erwärmung und mit dem Schutz von Meeres-Ökosystemen befassen. Zudem erhalten sie eine Einführung in digitale Medien. Im zweiten Schritt entwickeln die Studierenden selbständig digitale Lerneinheiten in englischer Sprache. Am Ende kommen sie mit südafrikanischen Schülerinnen und Schülern einer Partnerschule in Muizenberg, einem Vorort von Kapstadt, in einem digitalen Klassenzimmer zusammen, um sie zu unterrichten – eine Möglichkeit, auch in Zeiten von Corona interkulturelle und sprachliche Kompetenzen zu erwerben und sich international zu vernetzen.

Zirkeltraining Anatomie

Wo liegt die Bauchspeicheldrüse und welche Blutgefäße versorgen sie? Das an ein Zirkeltraining angelegte neue Lehrkonzept der Anatomin Prof. Dr. Anja Bräuer und ihrer Mitarbeiterin Dr. Esther Maier soll die räumliche Lage von Organen und Leitungsbahnen im Bauchraum für Studierende begreifbar machen. Die beiden entwickeln zunächst fünf Stationen mit fachspezifischen Lerninhalten zum Thema „Abdomen“ für Studierende der Studiengänge Humanmedizin, Physik-Technik-Medizin, Sportwissenschaft und Medizinische Informatik. Ziel ist, dass die Studierenden die räumliche Anatomie in all ihrer Komplexität erfahren können. Neben klassischen, bewährten Methoden wie dem Studieren der menschlichen Anatomie anhand von Modellen oder „in vivo“ – durch Abtasten von Versuchspersonen – umfasst ihr „Zirkeltraining Anatomie“ einen virtuellen Seziertisch, ein digitales Lerntool und demnächst auch Augmented-Reality-Brillen. So sollen die Studierenden ihr räumliches Vorstellungsvermögen schulen, um die Anatomie besser zu verstehen und Erfahrung im Umgang mit modernen digitalen Konzepten in der Medizin zu sammeln.

Spielerisch zum Unternehmer werden

Ein Geschäftsmodell zu entwickeln zählt zu den schwierigsten Aufgaben für Unternehmensgründerinnen und -gründer. Das Seminar „Gründungsmanagement“ von Prof. Dr. Alexander Nicolai vom Department für Wirtschafts- und Rechtswissenschaften soll künftig Studierende aller Fächer dabei mit den Möglichkeiten des Game-based Learnings unterstützen, also der Wissensvermittlung durch Computer- oder Videospiele. Gemeinsam mit seinen Wissenschaftlichen Mitarbeitern entwickelt Nicolai ein digitales und interaktives Spiel, um Interessierten einen niedrigschwelligen Einstieg in die Geschäftsmodellentwicklung zu ermöglichen. „Ein Spiel vermittelt nicht nur Wissen, sondern senkt gleichzeitig Berührungsängste und steigert die Motivation der Teilnehmenden“, erläutert Nicolai. So sei möglich, das komplexe Thema der Gründung eines Start-ups praxisnah und spannend zu vermitteln.

Interaktiv von Anfang an

Wie entsteht ein soziales Dilemma – und wie lässt es sich wieder auflösen? Experimente zu ökonomischen Fragen wie dieser bieten einen hervorragenden Anknüpfungspunkt, um die Vorteile der digitalen Lehre noch besser zu nutzen, finden Prof. Dr. Dirk Loerwald und Markus Allbauer-Jürgensen aus dem Bereich Ökonomische Bildung. Die beiden wollen interaktive digitale Experimente in zwei Grundlagenvorlesungen einbinden, die angehenden Lehrkräften der Fächer Wirtschaft und Politik-Wirtschaft zentrale ökonomische Konzepte nahebringen – und zwar unabhängig davon, ob die Lehrveranstaltung komplett digital, hybrid oder in Präsenz stattfindet. Digitale Experimente, beispielsweise zum internationalen Handel, zu nachhaltigem Konsum oder Preisbildung sollen die Studierenden aktiv in die Vorlesungen einbeziehen. So entwickeln sie bereits in der Anfangsphase ihres Studiums entscheidungsorientierte Kompetenzen und schärfen ihr Urteilsvermögen.

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