Zwischen sausenden Eseln, in Zeitlupe tanzenden Schildkröten und gackernden Hühnern lernen Oldenburger Studierende, was die künstlerische Arbeit in einer inklusiven Gruppe so besonders macht. Sie proben derzeit den „Karneval der Tiere“. Premiere feiert das Stück am 5. Mai.
„Hey Mambo“ schallt es aus den Lautsprechern. Eine Gruppe von Frauen beginnt, die Hüften im Takt der Musik zu schwingen. Carina Rector und Henriette Lohrberg schauen interessiert zu. Die beiden Studentinnen warten auf ihren Einsatz: Sie gehören zur Gruppe der Kängurus und sollen erst ein wenig später ins Geschehen einsteigen. Stimmt doch, oder?
Dass an diesem Nachmittag in der Aula der Universität noch nicht alles rund läuft, ist nicht weiter schlimm. Es ist erst das zweite Mal, dass die einzelnen Gruppen des inklusiven Musik- und Tanzprojekts „Karneval der Tiere“ nach dem Werk von Camille Saint-Saëns zusammen proben. Bisher hat jedes der elf beteiligten Teams seine Szene separat einstudiert, mit Unterstützung des künstlerischen Leiters Alexander Hauer von der Kulturagentur OpusEinhundert. Bis zur Premiere Anfang Mai müssen nun die einzelnen Szenen zu einem Gesamtkunstwerk zusammengefügt werden. Kein leichtes Unterfangen, denn die beteiligten Gruppen sind so vielfältig wie die Stadt, in der sie leben: Aktive des Zentrums für Frauengeschichte gehören ebenso zum 150-köpfigen Ensemble wie Bürger des inklusiven Stadtteilprojekts Neu-Donnerschwee, der Chor Chorgonzola vom Blauschimmel Atelier und das Tanztheater Friesland. Hinzu kommen Gehörlose, die Tänzer von Rolligold, Bewohner des Gertrudenheims, Schüler mit und ohne Förderbedarf und 30 Studierende.
Handwerkszeug für den Schulalltag
Bereits am Vorgängerprojekt „Aus der neuen Welt“ vor knapp drei Jahren war die Universität beteiligt – damals nahmen Sportstudierende teil. Dieses Mal kommen sie aus der Pädagogik, der Sonderpädagogik, vom Institut für Musik und vom Institut für Kunst und visuelle Kultur. Letztere haben das Plakat fürs Stück kreiert und sich im Maskenbau probiert. Eine der beteiligten Dozentinnen aus der Musik ist Christiane Abt: „Mir wurde mit solcher Begeisterung von dem Vorgängerprojekt erzählt, dass ich gleich überlegt habe, daraus ein Seminar zu entwickeln.“ Sie hält viel von solchen Kooperationsprojekten, denn diese liefern den Studierenden ihrer Meinung nach gutes Handwerkszeug für ihren Schulalltag. An einem praktischen Beispiel könnten sie lernen, wie sie ihren Unterricht auf Schülergruppen mit besonderen Bedürfnissen zuschneiden. „Das ist gelebte musikpädagogische Didaktik“, sagt Abt. Dabei dürfe der künstlerische Anspruch allerdings nicht aus dem Blick geraten – was an einer Uni, an der naturgemäß eher Wissenschaft und Didaktik im Vordergrund stünden, schon mal passieren könne. Um das zu vermeiden, sind die Studierenden beim „Karneval der Tiere“ auf mehreren Ebenen gefordert: Sie müssen eine Tier-Gruppe mit anleiten, stehen selbst als Schauspieler auf der Bühne und spielen überdies im Orchester mit. „Ich bin mir sicher, dass das trägt. Davon erzählen sie noch, wenn sie schon 20 Jahre im Beruf sind“, ist Abt überzeugt. Wer im Studium die Chance bekomme, so ein Projekt mitzugestalten, traue sich auch später im Berufsleben etwas Ähnliches zu.
Jeder so, wie er kann
Was sie später genau machen möchte, weiß Henriette Lohrberg zwar noch nicht. Eins ist der Studentin allerdings jetzt schon klar: „Ich will etwas Kreatives machen, aber außerhalb der Schule“, sagt die angehende Sonderpädagogin. Daher habe dieses Seminar sie besonders angesprochen: die Kombination aus Theater, Musik und Sonderpädagogik passe hervorragend. Dafür nimmt Lohrberg auch gern noch einmal ihre Querflöte in die Hand, die sie eigentlich schon eingemottet hatte: „Unsere Orchesterprobe heute Vormittag war zwar noch etwas chaotisch, aber es wird langsam“, sagt sie schmunzelnd. Ihre Kommilitonin Carina Rector findet es toll, mit so vielen Leuten zusammen zu arbeiten, die nichts mit der Uni zu tun haben. „Die Gruppen sind so vielfältig, und trotzdem passt alles irgendwie zusammen“. Häufig merke man gar nicht, dass ein Mitstreiter beeinträchtigt sei, ergänzt Katrin Iber, die Lehrerin für Mathe und Musik werden möchte: „Es geht hier nicht um den Einzelnen, sondern um die Gruppe. Da macht jeder so mit, wie er kann.“ Zwar sei das Projekt deutlich umfangreicher als ein klassisches Uni-Seminar. „Doch das merke ich gar nicht so richtig. Man ist total drin und die Zeit vergeht wie im Flug.“
Premiere am 5. Mai um 18.00 Uhr, weitere Aufführungen am 6. Mai um 11.00 und 18.00 Uhr – jeweils in der BBS Sporthalle Wechloy, Am Heidbrock 10. Karten für 16 Euro (erm. 9 Euro) im Vorverkauf über Nordwest Ticket.
Der Jingle zum Projekt: