• Neben Karten verwendet Jan Sommer gerne auch Alltagsgegenstände wie Münzen, Ringe oder Schlüssel für seine Zauberei. Foto: Alexander Getzlaff

Zwischen Magie und Ökonomie

Der Oldenburger Student Jan Sommer verdient neben dem Studium Geld mit Zauberei – einer Kunst, die seiner Meinung nach oft unterschätzt wird.

Der Oldenburger Student Jan Sommer verdient neben dem Studium Geld mit Zauberei – einer Kunst, die seiner Meinung nach oft unterschätzt wird.

Wenn Jan Sommer im Hörsaal sitzt, kann er seine Finger nur selten stillhalten. „Ich habe immer ein Kartenspiel dabei“, erzählt der 22-Jährige, der an der Universität Oldenburg Wirtschaftswissenschaften und Informatik studiert. Andere Studierende schauen vielleicht aufs Handy oder starren in die Luft, wenn ihre Aufmerksamkeit abschweift. Sommer nutzt die Zeit des Zuhörens, um mit seinen Fingern in atemberaubender Geschwindigkeit Kartenpakete zu vertauschen, Spielkarten wegzuzaubern oder Einkaufszettel in Geldscheine zu verwandeln. „Ich trainiere täglich“, berichtet er. Immer wieder führt er seine verblüffenden Tricks Kommilitonen vor, besonders neue Freunde verpflichtet er gerne als Zuschauer.

Sommers  Leidenschaft ist die Zauberkunst. Der Student aus Varel, derzeit im fünften Bachelorsemester, hat seine Fähigkeiten soweit vervollkommnet, dass er mehrmals im Monat für Auftritte gebucht wird. In der Vorweihnachtszeit war er teilweise viermal pro Woche im Einsatz – bei Betriebsfeiern, Familienfesten oder Vereinsveranstaltungen.  Im vergangenen Jahr verbrachte er sechs Wochen auf einem Kreuzfahrtschiff, um dort die Passagiere zu unterhalten. „Es ist toll, die Leute in einen schönen Moment zaubern zu können“, sagt Sommer. Im Alter von zehn Jahren führte er bereits magische Kunststücke auf Kindergeburtstagen vor, später stellte er sich in Varel auf den Weihnachtsmarkt. Mittlerweile hat sich der junge Mann auf so genannte Close-up-Zauberei spezialisiert: Bei seinen Auftritten kommt Sommer zu den Zuschauern an den Tisch und verwendet Gegenstände wie Ringe oder Schlüssel, die jeder dabei hat – oder eben Spielkarten, die er selbst immer mit sich trägt.

Hinter den verblüffenden Tricks steckt viel Arbeit

Ein Student der Zauberkünstler ist – das überrasche viele Menschen: „Wenn ich erzähle, dass ich zaubere, glauben die meisten Leute das erst einmal nicht. Ich sehe ja ziemlich normal aus.“ Tatsächlich fällt der schlanke, großgewachsene junge Mann nicht besonders auf, wenn er durch die Oldenburger Uni-Mensa geht: Dunkelblonde Haare, schwarze Jeans, dunkler Pullover, ein offenes Lächeln. Auch auf der Bühne verzichtet er auf ein auffälliges Outfit. „Unter einem Zauberkünstler stellen sich viele eher jemanden vor, der in Zylinder und Frack mit theatralischen Gesten Kaninchen aus dem Hut zaubert und Jungfrauen zersägt“, so seine Erfahrung.

Doch dieses Bild sei überholt, sagt Sommer. Für ihn ist die Zauberei eine echte Kunst – hinter der viel Arbeit steckt. „Mein Bühnenprogramm ist wie ein kleines Theaterstück. Das Ausarbeiten einer Routine kann mehrere Monate in Anspruch nehmen“, b­erichtet er. So lange dauerte es, die richtige Musik zu finden, Laufwege zu optimieren und neue Techniken einzuüben. Viele davon hat er sich selbst überlegt, andere anhand von Büchern oder DVDs gelernt. Im vergangenen November errang er den ersten Platz bei der Zaubergala des Magischen Zirkels Oldenburg, im September will er sich bei einem Vorentscheid für die Magica 2020 qualifizieren – die Deutsche Meisterschaft der Zauberkunst, die im kommenden Jahr das nächste Mal stattfindet.

Kontrastprogramm zur Zauberei

Bei derart vielen Aktivitäten rückt das Studium manchmal etwas in den Hintergrund. Dass er bis zum Bachelor wahrscheinlich ein oder zwei Semester länger brauchen wird als üblich, nimmt Jan Sommer in Kauf. „Informatik und Wirtschaftswissenschaften sind ein gutes Kontrastprogramm zur Zauberei, das Studieren macht mir viel Spaß“, sagt er. Noch weiß der Student nicht, ob die Zauberei später in seinem Beruf eine Rolle spielen wird, ob sich Magie und Ökonomie verbinden lassen. Er ist sich aber sicher, dass er durch sein Hobby viele Dinge lernt, die auch im Berufsleben wichtig sind, vor allem Psychologie und Menschenkenntnis. Denn wer die Kunst der Illusion beherrscht,  weiß, wie man Zuschauer ablenkt. Und wie man etwas sagen muss, um eine bestimmte Wirkung zu erzielen – eine Fähigkeit, die für Manager ebenso wichtig ist wie für Zauberer.

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