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Forschungsprojektt SeFallED

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Nadja Reeck

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  • Nadja Reeck notiert Stichworte auf Karten an einer Pinnwand.

    Schon lange bevor eine neue Studienphase beginnt, halten die Mitglieder des Seniorenbeirats wichtige Punkte fest, die Forschende bei der Detailplanung berücksichtigen sollten. Daniel Schmidt / Universität Oldenburg

  • Nadja Reeck steht mit einer Seniorin an einer Pinnwannd. Beide diskutieren angeregt mit zwei älteren Damen und einem älteren Herrn, die am Tisch sitzen.

    Nadja Reeck (l.) koordiniert den Beirat und sammelt die Hinweise von Margrit Pape, Marlies Mammes, Bettina Reineking und Georg Lehmann (v.l.), um sie an das Forschungsteam weiterzugeben. Daniel Schmidt / Universität Oldenburg

Mit den Augen der Betroffenen

Für ältere Menschen verändert sich mit einem schweren Sturz oft vieles. Seniorinnen und Senioren mit Sturzerfahrung beraten Forschende – und helfen ihnen dabei, das Forschungsziel aus verschiedenen Perspektiven zu betrachten.

Für ältere Menschen verändert sich mit einem schweren Sturz oft vieles. Seniorinnen und Senioren mit Sturzerfahrung beraten Forschende – und helfen ihnen dabei, das Forschungsziel aus verschiedenen Perspektiven zu betrachten.

Sie sind weder Probandinnen und Probanden, noch Forschende im klassischen Sinne – und trotzdem haben sie eine wichtige Aufgabe in der Studie SeFallED: Insgesamt sechs ältere Menschen wirken als Beirat im Forschungsprojekt mit. Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler am Department für Versorgungsforschung untersuchen den Genesungsprozess von älteren Patientinnen und Patienten, die einen Sturz erlitten haben – eine schmerzliche Erfahrung, die auch die Beiratsmitglieder machen mussten.

„Ich bin Ende Juni 2020 beim Joggen schwer gestürzt. Der Schock war groß, ich musste mehrmals im Gesicht operiert werden“, erzählt Margrit Pape. Der Unfall ist einer der Gründe, warum sie heute monatlich einen festen Termin an der Universität hat. Dann trifft sich der SeFallED-Beirat, dessen Mitglied die 74-Jährige ist, und diskutiert mit den anderen Beiratsmitgliedern und Forschenden über bevorstehende Erhebungen und Auswertungen im Rahmen des Projekts.

Dr. Tim Stuckenschneider forscht in der Abteilung Geriatrie am Department für Versorgungsforschung. „Wir bekommen von den Beiratsmitgliedern immer wieder die Perspektive von Betroffenen gespiegelt – das ist zeitaufwändig, aber auch sehr wertvoll“, sagt er. Mit ihren Ratschlägen nehmen die Seniorinnen und Senioren aktiv Einfluss auf die Studie. Nach dem Austausch mit dem Beirat passten die Forschenden den Ablauf ihrer Befragungen und Untersuchungen so an, dass die ebenfalls älteren Studienteilnehmenden mehr Zeit für Pausen hatten. Außerdem haben die Beiratsmitglieder vor Studienstart die geplante Gangbildanalyse getestet, die auf einem speziellen Laufband stattfindet. Das Laufband simuliert herausfordernde Alltagssituationen wie das Bremsen eines Busses.

„So haben wir gemeinsam festgestellt, dass es zu viel Angst hervorruft, wenn wir die Untersuchungen ohne ein Geländer durchführen“, erklärt Stuckenschneider. Obwohl aus rein wissenschaftlicher Sicht die Analysen ohne Geländer realitätsnäher gewesen wären, bauten die Forschenden es für ihre Untersuchungen mit den Studienteilnehmenden wieder an.

Direkt an der Forschung beteiligt

Die Doktorandin Nadja Reeck koordiniert den Beirat und ist das Bindeglied zwischen dem Forschungsteam und den Seniorinnen und Senioren. Gleichzeitig forscht sie für ihre Doktorarbeit über die Beteiligung älterer Menschen an geriatrischer Forschung. „Ziel von partizipativer Forschung ganz allgemein ist, dass Bürger*innen am gesamten Prozess beteiligt werden, damit nicht über, sondern gemeinsam mit ihnen geforscht wird“, erklärt sie.

Für die Mitglieder des SeFallED-Beirats bedeutet das auch, dass sie selbst Forschungsaufgaben übernehmen. So werten die Beiratsmitglieder Dagmar Urbahn-Schiefer und Marlies Mammes gerade Protokolle aus Gesprächsrunden aus, in denen sich Studienteilnehmende über ihre Sturzerfahrungen ausgetauscht haben. Nadja Reeck analysiert parallel die gleichen Daten mit ihrer Kollegin Anna Völkel und untersucht anschließend die Unterschiede zwischen der Perspektive der Wissenschaftlerinnen und der Beiratsmitglieder, etwa bei der Schwerpunktsetzung. Schon jetzt hat sich gezeigt, dass die Perspektive der Beiratsmitglieder ein Vorteil sein kann – zum Beispiel, wenn sie Formulierungen von Altersgenossen verstehen, die die jüngeren Forschenden ratlos zurücklassen.

„Wir haben uns auch kritisch das Informationsmaterial angeschaut, das Teilnehmende der Studie erhalten“, erklärt Beiratsmitglied Bettina Reineking. Im Ergebnis seien einzelne Bilder und Texte ausgetauscht worden, die in den Augen des Beirats nicht so ansprechend waren, wie die Forschenden dachten. Die 71-Jährige hat aufgrund einer Nervenkrankheit zunehmend Probleme, die Balance zu halten und ist bereits häufiger gestürzt. Als sie von der geplanten Studie in der Zeitung las und erfuhr, dass Beiratsmitglieder gesucht werden, wollte sie dabei sein. „Mir war wichtig, dass ich Forschenden, die wesentlich jünger sind als ich, erzählen kann, wie es sich anfühlt, im Alter zu stürzen. Es bleibt eine Angst zurück, dass es wieder passiert. Hinfallen, Krönchen richten und wieder aufstehen – das ist nicht mehr.“

Unterstützung für den nächsten Antrag

Die Beiratsarbeit nehmen die Seniorinnen und Senioren sehr ernst. Sie diskutieren engagiert, machen Notizen, sammeln Informationen und Arbeitsergebnisse. „Wir sind keine Labergruppe, wir sind konstruktiv“, sagt Bettina Reineking energisch. An der Universität fühlen sich alle wohl – egal, ob sie früher selbst schon einmal Berührungspunkte mit der akademischen Welt hatten oder nicht. Marlies Mammes beschreibt es so: „Die Atmosphäre ist toll, und ich fühle mich von den Forschenden sehr ernst genommen.“

Die Beiratsmitglieder wollen, dass die wissenschaftliche Auseinandersetzung über Stürze im Alter weitergeht – auch über die laufende Projektphase hinaus. Deshalb unterstützen sie die Forschenden bei der Vorbereitung des Antrags für die nächste Phase: Dann geht es darum, Maßnahmen zu entwickeln, die Betroffenen dabei helfen, nach einem Sturz wieder so sicher unterwegs zu sein, dass sie die Angst vor einem weiteren Sturz ablegen können.

 

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