Die Zahl ist enorm: Vier von fünf Mathematik-Studierenden an deutschen Hochschulen brechen ihr Studium ab. Prof. Dr. Daniel Grieser, Hochschullehrer für Mathematik, hat sich dieser Problematik angenommen und die Vorlesung „Mathematisches Problemlösen und Beweisen“ entwickelt.
„In der Mathematik gilt der Übergang von der Schule zur Hochschule als besonders schwierig“, erklärt Grieser. Ein Grund dafür sei die traditionelle Konzeption des Studiums. Dort werden von Anfang an mathematische Theorien in einer abstrakten Wissenschaftssprache vorgestellt, auf die die Studenten nicht vorbereitet sind. „Ein Hauptgrund für die rasch schwindende Motivation der Studierenden“, so der Hochschullehrer.
Ganz anders Griesers Vorlesung: Im Zentrum stehen mathematisches Problemlösen und Beweisen – zwei Kernstücke der Mathematik. Die Studierenden lernen, eigenständig Probleme zu lösen und mathematische Beweisführungen zu entwickeln. Auf diese Weise erfahren sie, wie Mathematik funktioniert und entfalten ihre mathematische Kreativität.
„Die Begeisterung für die Wissenschaft ist die wichtigste Voraussetzung für ein erfolgreiches Studium“, betont Grieser. Deshalb sei es wichtig, diese Begeisterung der Studierenden für ihr Fach dauerhaft zu fördern. Grieser gelingt dies, indem er seine Studierenden kontinuierlich vor neue Herausforderungen stellt: „Die Probleme sind zwar einfach zu formulieren, aber um sie zu lösen, muss man sich schon etwas einfallen lassen.“
Ein Beispiel aus Griesers Vorlesung und gleichzeitig ein mathematisches Problem, das bei der Entwicklung von Computer-Chips zum Tragen kommt: Man zeichnet fünf Punkte an beliebiger Stelle auf ein Blatt. Ziel ist es nun, jeden der Punkte mit jedem anderen so zu verbinden, dass sich die Linien nicht kreuzen. Die Verbindungslinien müssen dabei nicht gerade sein. „Die Lösung dieses Problems und ihre Begründung erfordert ein Höchstmaß an mathematischer Kreativität – das sorgt bei den Studierenden für den nötigen Ansporn“, erklärt Grieser.
Eine weitere Besonderheit der Vorlesung: Die Studierenden lernen schon früh im Studium mathematische Forschungsmethoden kennen. Grieser hat die Probleme so ausgesucht, dass mathematische Arbeitsweisen verankert und fundamentale mathematische Ideen eingeführt werden. Auf diese Weise entsteht eine solide Basis für das weitere Studium.
Grieser, der früher bei der Internationalen Mathematik-Olympiade Gold geholt hat, nutzt seine Erfahrungen aus dem intensiven Olympiade-Training und bringt sie in seinen Vorlesungen und Seminaren zum Einsatz. „Problemlösen kann man lernen. Das schafft Selbstbewusstsein und motiviert. Die Schlüsselkompetenz des Problemlösens ist unabdingbar für alle mathematischen Berufsfelder – sei es in Wirtschaft, Forschung oder Schule“, so Grieser.
Die Vorlesung ist nicht, wie sonst üblich, ein reiner Vortrag. Stattdessen stehen die Studierenden im Dialog mit dem Dozenten und entwickeln dabei ihre Lösungsideen. Zusätzlich werden sie in kleinen Gruppen von erfahrenen TutorInnen betreut. Die TutorInnen stehen in engem Austausch mit dem Dozenten und können diesen so direkt über Schwierigkeiten der Studenten informieren. Bei wöchentlich ausgegebenen Hausaufgaben sollen die Studierenden die neu gelernten Problemlösemethoden einüben. Dafür hat Grieser das Lernzentrum Mathematik ins Leben gerufen. Dort bekommen die Studierenden Hilfe, wenn sie einmal bei einer Aufgabe nicht weiterwissen. Durch interaktive Vorlesungen, Tutorien und durch das Lernzentrum ist eine effiziente Lehre gewährleistet, die sich direkt an den vielfältigen Bedürfnissen der Studierenden orientiert.
Grieser erhielt kürzlich den „Preis der Lehre“ der Universität Oldenburg für sein neues Vermittlungs-Konzept. Sein aktuelles Buch „Mathematisches Problemlösen und Beweisen – Eine Entdeckungsreise in die Mathematik“ dient Studierenden als Lehrbuch und bietet zugleich interessierten Laien einen neuen Zugang zur Mathematik.
„Mathematisches Problemlösen und Beweisen – Eine Entdeckungsreise in die Mathematik“, Grieser, Daniel, Springer-Spektrum-Verlag, 292 Seiten, 22,95 Euro.
Kontakt
Prof. Dr. Daniel Grieser
Institut für Mathematik
Tel: 0441-798/3230
daniel.grieser@uni-oldenburg.de