• Orientierung beim Einstieg in den deutschen Arbeitsmarkt bietet qualifizierten Geflüchteten das neue Projekt "Kurswechsel". Foto: Free-Photos/Pixabay

Für eine neue Chance

Wie können Geflüchtete, die ihr Studium abbrechen mussten oder ihren Abschluss in Deutschland nicht anerkannt bekommen, hier einen Berufseinstieg schaffen? Das neue Projekt „Kurswechsel“ des C3L unterstützt auf vielfältige Weise.

Wie können Geflüchtete, die ihr Studium abbrechen mussten oder ihren Abschluss in Deutschland nicht anerkannt bekommen, hier einen Berufseinstieg schaffen? Das neue Projekt „Kurswechsel“ des C3L unterstützt auf vielfältige Weise.

Wer vor Gewalt, Krieg, Terror flieht und seinen Bildungsweg unfreiwillig abbricht, hat oft kaum eine Möglichkeit, sein Ankommen im neuen Land vorzubereiten. Das betrifft auch den Start im dortigen Bildungssystem oder auf dem dortigen Arbeitsmarkt. Es gilt, sprachliche Hürden und kulturelle Unsicherheiten zu überwinden, möglicherweise fehlen Belege für den bisherigen Werdegang oder der ausländische Bildungsabschluss ist nicht anerkannt.

Geflüchteten, die sich in dieser Situation befinden, möchte das neue Projekt „Kurswechsel“ an der Universität zum Berufseinstieg in der Region verhelfen. Auf die Teilnehmenden warten am Center für lebenslanges Lernen (C3L) eine individuelle Beratung, Workshops sowie eine Onlineplattform mit eigens entwickelten Lernmaterialien. Das Projektteam unterstützt unter anderem dabei, die eigenen Kompetenzen zu reflektieren und in einem Portfolio darzustellen. Zudem begleitet es ein dreimonatiges Praktikum von der Bewerbung bis zur Nachbereitung.

Das zweijährige Vorhaben mit einem Gesamtvolumen in Höhe von 500.000 Euro fördern der Europäische Sozialfonds und das Niedersächsische Ministerium für Wissenschaft und Kultur (MWK). Leiter des Projekts „Kurswechsel“ ist der leitende C3L-Direktor Prof. Dr. Olaf Zawacki-Richter, Experte für Wissenstransfer und das Lernen mit neuen Technologien.

„Bildungsverläufe sind heutzutage immer seltener geradlinig, sondern von Übergängen und Umorientierung geprägt. Studienabbrüche gehören zu dieser Realität dazu“, sagt Zawacki-Richter. Dabei wachse die Zahl derjenigen stetig, die ihren Bildungsweg im Ausland unvermittelt beenden mussten und nun in Deutschland leben. „Ebenso wie bei hiesigen Studienabbrecherinnen und Studienabbrechern gilt, dass die meisten vielfältige und wichtige Kompetenzen mitbringen, die im beruflichen Leben sehr wichtig sind“, ergänzt der Bildungsexperte. Dennoch arbeite in Deutschland laut Bundesregierung mehr als ein Viertel der Geflüchteten unter ihren Qualifikationen.

Mit seinem individuellen und digitalen Begleitangebot soll „Kurswechsel“ Geflüchtete mit abgebrochenem Studium ebenso unterstützen wie geflüchtete Hochschulabsolventinnen und -absolventen, die keine Aussicht auf Anerkennung ihres Abschlusses haben. Vom Erstellen eines Portfolios könnten zudem Personen profitieren, die hierzulande ihr Studium abgebrochen haben.

Die projekteigene digitale Lernplattform soll darüber hinaus geflüchteten Teilnehmerinnen und Teilnehmern mit Lernspielen und kurzen Videos den deutschen Ausbildungs- und Arbeitsmarkt, das deutsche Bildungssystem, den Bewerbungsprozess und Finanzierungsmöglichkeiten näherbringen. In monatlichen Workshops vertiefen die Teilnehmenden Themen wie Bewerbung und Berufseinstieg, arbeitsrechtliche Grundlagen oder die persönliche Entwicklung.

Das Projekt „Kurswechsel“ baut auf die Expertise des C3L auf, das in der wissenschaftlichen Weiterbildung seit jeher frühere Lernerfolge nutzbar macht, indem es Kompetenzen und Vorleistungen von Teilnehmenden anerkennt und anrechnet. Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter im unieigenen „Kompetenzbereich Anrechnung“ entwickeln und erproben seit Jahren Verfahren zum Erfassen und Anrechnen von beruflich und informell erworbenen Kompetenzen – etwa auch im Projekt „Portfolios für Geflüchtete“ von 2016 bis 2019.

In dessen Rahmen erstellte das Team des „Kompetenzbereichs Anrechnung“ bereits 132 Portfolios und vergab mehr als 300 Beratungstermine. Ungefähr zwei Drittel der Teilnehmenden waren aus Syrien geflohen, aus dem Iran und Irak stammten je knapp zehn Prozent. Ein Fünftel dieser Geflüchteten hatte im jeweiligen Herkunftsland ein Studium begonnen, dies aufgrund der politischen Lage aber nicht abschließen können. Eine etwas größere Gruppe brachte zwar einen Bachelorabschluss mit, konnte an diesen aber in Deutschland nicht anknüpfen. „Die Mehrheit musste in Deutschland einen neuen Bildungsweg beginnen“, sagt Projektmitarbeiterin Britta Klages, die nun auch bei „Kurswechsel“ zum Team gehört. Von den Teilnehmenden strebe insgesamt ein Drittel ein Studium in Deutschland an, die Mehrzahl aber einen Einstieg in den Arbeitsmarkt.

An diesem Punkt setze das neue Projekt „Kurswechsel“ an, so Klages. Um die neuen Teilnehmenden etwa mit geeigneten Praktikumsplätzen diesem Ziel ein Stück näher zu bringen, kooperiert das Projektteam mit den Bildungsberatungsstellen Oldenburg und Cloppenburg, der Katholischen Erwachsenenbildung (KEB) sowie dem Verein pro:connect. Die „Kurswechsel“-Onlineplattform, flankiert von individueller Beratung und Workshops, geht voraussichtlich im Herbst an den Start. Bereits jetzt können sich allerdings Interessierte bei Britta Klages und ihrer Kollegin Lea Sophie Mustafa melden.

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