• Porträt Jan Vogelsang

    Jan Vogelsang nutzt Laserimpulse, um Elektronen aus Atomen herauszulösen und ihre Bewegung zu verfolgen. Seine Forschung könnte dazu beitragen, Solarzellen weiterzuentwickeln. Foto: Daniel Schmidt

Im Blitzlichtgewitter

Der Physiker Jan Vogelsang nutzt neuartige Lasersysteme, um extrem schnell ablaufende Prozesse zu untersuchen. Hierfür erhält er ein „Carl von Ossietzky Young Resarchers‘ Fellowship“ der Universität.

Der Physiker Jan Vogelsang nutzt neuartige Lasersysteme, um extrem schnell ablaufende Prozesse zu untersuchen. Hierfür erhält er ein „Carl von Ossietzky Young Resarchers‘ Fellowship“ der Universität.

An Blitzlichtgewitter hat Dr. Jan Vogelsang sich gewöhnt. Nicht, dass er selbst im Rampenlicht stehen würde. Vielmehr ist er derjenige, der mit Lasersystemen Blitze produziert – mehr als hunderttausend pro Sekunde. Im Zentrum seiner Beobachtungen stehen dabei unvorstellbar schnelle Abläufe: Der Physiker beobachtet, wie sich Elektronen in Nanostrukturen bewegen.

„Ein bisschen ähnelt meine Arbeit der eines Sportfotografen“, erläutert der 33-Jährige, der seit November am Institut für Physik im Rahmen des „Carl von Ossietzky Young Researchers‘ Fellowship forscht. „Wenn der einen Sportler im Sprung erwischen will, braucht er eine kurze Verschlusszeit, damit das Bild scharf ist.“ Anders gesagt: Der Blitz muss kürzer sein als der Prozess, der aufgezeichnet werden soll. Und die Prozesse, die Vogelsang beobachtet, ereignen sich in extremen kurzen Zeitintervallen: Nur wenige Attosekunden vergehen etwa, wenn sich ein Elektron, angeregt durch einen Laserimpuls, aus einem Atom herauslöst. Zwei Attosekunden sind im Vergleich zu einer Sekunde so lang wie eine Sekunde im Vergleich zum Alter des Universums.

Von Oldenburg nach Lund – und zurück

Entsprechend kurz müssen die Lichtblitze sein, die Vogelsang einsetzt. Bereits in seiner Doktorarbeit an der Universität Oldenburg experimentierte er mit extrem kurzen Lichtimpulsen und baute ein neues Elektronenmikroskop, das Filmaufnahmen von Abläufen in wenige Milliardstel Meter (Nanometer) großen Strukturen erstellen kann. Mit dem Mikroskop erzielte er eine bisher nicht erreichte räumliche und zeitliche Auflösung, es kann also sehr kleine und sehr schnell ablaufende Prozesse als Filme aufzeichnen. Für diese Forschung erhielt er den Friedrich Hirzebruch-Promotionspreis der Studienstiftung des Deutschen Volkes sowie den „Preis für herausragende Promotion“ der Universitätsgesellschaft Oldenburg e.V. Anschließend ging es für den Physiker nach Schweden. An der Universität Lund arbeitete er drei Jahre lang als Postdoktorand und experimentierte dort weiter: Er beschäftigte sich mit neuen Möglichkeiten, die sich aus der Kombination von Elektronenmikroskopie und sehr leistungsfähigen Lasersystemen ergeben.

In Lund nutzte Vogelsang aufeinanderfolgende Lichtimpulse dieser Lasersysteme für ausgeklügelte Messungen: Mit einem ersten Lichtblitz regte er Elektronen an, sich in den Strukturen zu bewegen. Einen zweiten Blitz verwendete er, um die Elektronen mithilfe eines Elektronenmikroskops in der Bewegung aufzunehmen. Diesen Vorgang wiederholte er mit verschiedenen Zeitabständen zwischen den beiden Blitzen. Auf diese Weise erhielt er verschiedene Aufnahmen, die den untersuchten Prozess in unterschiedlichen Stadien zeigten. Aus ihnen konnte Vogelsang schließlich Filmaufnahmen zusammensetzen.

Welche physikalischen Prozesse sich mit diesem Verfahren konkret untersuchen lassen, hängt auch davon ab, wie viele Lichtimpulse ein Lasersystem innerhalb eines bestimmten Zeitintervalls produzieren kann. „Herkömmliche Systeme arbeiten mit sichtbarem Licht und erzeugen Impulse, die einige Femtosekunden lang sind“, erklärt Vogelsang. Bei Lasern, die extrem kurzwelliges ultraviolettes Licht verwenden, lässt sich die Länge der Impulse allerdings noch einmal deutlich verkürzen. „Jedoch ist allein die Erzeugung von solchen kurzen UV-Impulsen in hoher Zahl besonders anspruchsvoll und Gegenstand aktueller Forschung“ Bis zu 200.000 Blitze in der Sekunde produzierten die Systeme, die Vogelsang an der Universität Lund kennenlernte und nun in Oldenburg aufbauen möchte. Damit erweitert er die Forschung, die hier in den Laboren von Prof. Dr. Christoph Lienau und Prof. Dr. Matthias Wollenhaupt bereits stattfindet. „Experimente, die früher zehn Tage gedauert hätten, können wir in Zukunft an einem Arbeitstag umsetzen“, erklärt Vogelsang. Dadurch werden Versuche möglich, die zuvor nicht umsetzbar waren, da die Lasersysteme nur über einen bestimmten Zeitraum hinweg stabil funktionieren.

Methoden testen, Solarzellen optimieren

Um die neue Untersuchungsmethode auszuprobieren und ihre Möglichkeiten zu testen, möchte Vogelsang sie zunächst auf Vorgänge anwenden, die schon relativ gut erforscht sind: In Materialien wie Gold oder Silber nutzt er die Lichtimpulse, um Elektronen anzustoßen und diese Bewegungen aufzuzeichnen. Besonders interessiert er sich aber für Strukturen, die aus verschiedenen Materialien wie Metallen und Halbleitern bestehen: Hier möchte er herausfinden, wie sich die Elektronen über die Grenzflächen hinweg bewegen.

Perspektivisch könnte seine Forschung beispielsweise dazu beitragen, Solarzellen weiterzuentwickeln. „Silizium ist schon weitgehend optimiert, bei anderen Materialien besteht aber noch viel Entwicklungspotenzial“, sagt Vogelsang. In der Praxis experimentieren Wissenschaftler mit verschiedenen Stoffen, aus denen sie Solarzellen konstruieren und dann deren Wirkungsgrad testen. Wie allerdings genau der Prozess abläuft, bei dem sich in Solarzellen Elektronen aus Atomen herauslösen und elektrischer Strom entsteht, ist noch nicht vollständig geklärt. Vogelsangs Arbeiten könnten also dabei helfen, neue Materialien gezielter auszuwählen und anzupassen. „So kann Grundlagenforschung dazu beitragen, praktische Experimente effizienter zu machen“, resümiert Vogelsang.

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