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Mentoring-Programm Progressio

Vita

Prof. Dr. Annett Thiele ist seit dem 1. Januar 2020 Vizepräsidentin für Wissenschaftlichen Nachwuchs und Gleichstellung an der Universität Oldenburg. In diesem Amt strebt die Sonderpädagogin unter anderem an, die Internationalisierung der Graduiertenakademie voranzutreiben und bis 2022 eine Diversitätsstrategie für die Universität zu entwickeln. In ihrer Forschung befasst sie sich mit der Teilhabe von Schülerinnen und Schülern mit schwersten körperlichen Beeinträchtigungen und der Inklusion von Kindern und Jugendlichen mit einer chronischen oder lebensbedrohlichen Erkrankung. Außerdem forscht sie im Bereich der Hilfsmittelversorgung von Erwachsenen mit neurologischen Erkrankungen.

Kontakt

Prof. Dr. Annett Thiele

+49 (0)441 798-5459

 

  • Zu sehen ist ein voller Hörsaal, vorne steht eine Dozentin, die nur verschwommen zu sehen ist

    Bis zur Professur ist es ein weiter Weg. Foto: Adobe Stock/kasto

  • Porträt von Annett Thiele

    Annett Thiele ist seit Januar 2020 Vizepräsidentin für Wissenschaftlichen Nachwuchs und Gleichstellung. Foto: Universität Oldenburg/Daniel Schmidt

Karriereziel Professur fest im Blick

Junge Wissenschaftlerinnen auf ihrem Weg zu unterstützen – das ist das Ziel eines neuen Mentoring-Programms der Universität. Annett Thiele, Vizepräsidentin für Wissenschaftlichen Nachwuchs und Gleichstellung, erläutert die Hintergründe.

Junge Wissenschaftlerinnen auf ihrem Weg zu unterstützen – das ist das Ziel eines neuen Mentoring-Programms der Universität. Annett Thiele, Vizepräsidentin für Wissenschaftlichen Nachwuchs und Gleichstellung, erläutert die Hintergründe.

Warum ist der Karriereschritt zur Professur für Wissenschaftlerinnen nach wie vor schwierig?

Für viele Wissenschaftlerinnen fällt die Phase der Qualifizierung für eine Professur zusammen mit der Phase der Familiengründung oder der Zeit, in der kleine Kinder betreut werden müssen. Beide Bereiche – die Karriereentwicklung und die persönliche Lebensplanung – beanspruchen viel Zeit und Aufmerksamkeit. Hinzu kommt häufig die Unsicherheit, die mit befristeten Stellen und hohen Mobilitätsanforderungen in der Promotions- und der Postdoktorandenphase verbunden ist. Wenn in dieser Zeit die Ermutigung durch das persönliche Umfeld und durch die wissenschaftlichen Betreuerinnen und Betreuer fehlt, fällt es oft gerade Frauen schwer, sich für den unsicheren Weg zur Professur zu entscheiden – zumal die Chance, eine solche Position zu erreichen, statistisch nach wie vor relativ gering ist.

Was tut die Universität Oldenburg, um Wissenschaftlerinnen auf ihrem Weg zu unterstützen?

Die Uni betrachtet die Förderung des wissenschaftlichen Nachwuchses allgemein und die Förderung von Wissenschaftlerinnen schon lange als eine strategische Aufgabe. Deshalb versucht sie, die Bedingungen beispielsweise für das Studieren und das Promovieren mit Kindern kontinuierlich zu verbessern, etwa durch die Angebote des Familienservice. Es geht aber nicht nur um Strukturen. Wichtig ist eine Kultur, in der Wissenschaftlerinnen bestärkt werden, ihre ambitionierten Karriereziele auch zu erreichen. Das beginnt schon bei der Sensibilisierung der Lehrenden und Vorgesetzen für eine gender- und diversitygerechte Führungskultur, drückt sich in der Rekrutierungspolitik aus und nicht zuletzt in Personalentwicklungsangeboten, die speziell Wissenschaftlerinnen in der Qualifizierungsphase oder auf dem Sprung in eine Leitungsposition ansprechen.

Dazu zählt ja auch das neue Mentoring-Programm „Progressio“. An wen richtet es sich genau?

„Progressio“ ist eine von zwei Linien des neuen Helene Lange-Mentoring-Programms der Universität. Es richtet sich an Wissenschaftlerinnen, die das Karriereziel Professur bereits fest im Blick haben, vielleicht noch kurz vor ihrer ersten Berufung stehen oder gerade ihre erste Stelle als Professorin angetreten haben, also an erfahrene Postdoktorandinnen, Nachwuchsgruppenleiterinnen, Junior-Professorinnen und Tenure-Track-Professorinnen. Es ist mir wichtig zu betonen, dass wir alle Wissenschaftlerinnen ansprechen möchten, die sich selbst als Frauen verstehen, also auch alle trans*, inter* und nicht-binären Menschen. Ziel des Mentorings ist es, wissenschaftlich hochqualifizierte Frauen zu ermutigen, ihr Karriereziel konsequent weiter zu verfolgen.

Inwiefern ist eine individuelle Mentoring-Beziehung dabei hilfreich?

Sie kann genau das leisten, was vielen jungen Wissenschaftlerinnen bislang oft fehlt: Mentorinnen und Mentoren können persönliche und ideelle Unterstützung geben, aber auch Erfahrungen mit dem Wissenschaftssystem und den geschriebenen und ungeschriebenen Regeln der akademischen Welt weitergeben. Sie verfügen über einen reichen persönlichen Erfahrungsschatz, aber auch über informelles Wissen zu Erfolgsfaktoren und Stolpersteinen in der Wissenschaftsbranche, das sie ihren Mentees in vertraulichen Gesprächen vermitteln können. Ganz wichtig ist die Hierarchiefreiheit: Mentoren und Mentees stehen in keinem Abhängigkeitsverhältnis; das ist eine wesentliche Voraussetzung für gegenseitige Offenheit.

Wen wollen Sie als Mentoren oder Mentorinnen gewinnen?

Unsere Idee ist, dass sich die Mentees selbst eine Mentorin oder einen Mentor aussuchen, der bereits an dem Ziel angekommen ist, das sie noch anstreben – und der zu ihren spezifischen Anliegen passt. Sollte jemand zu Beginn des Programms noch keine klare Vorstellung davon haben, welche Person geeignet sein könnte, kann der Vorbereitungsworkshop dazu genutzt werden, die Auswahl vorzubereiten. Natürlich unterstützen die Programmkoordinatorin Dr. Susanne Elpers und ich die Mentees dabei, Kontakt zu der gewünschten Person aufzunehmen und sie als Mentor zu gewinnen. Wir freuen uns aber auch, wenn sich Professorinnen, Professoren oder Führungskräfte der Universität bei uns melden, die Interesse daran haben, ein Mentorat zu übernehmen. Je nach Interesse der Mentees kommen natürlich auch Führungspersönlichkeiten aus anderen Branchen in Frage.

Was erhoffen Sie sich von dem Programm?

Von „Progressio“ erhoffen wir uns, dass Wissenschaftlerinnen, die das fachliche und persönliche Zeug dazu haben, ihren Wunsch, Professorin zu werden, auch verwirklichen können. Das wäre ein wichtiger Beitrag, um der sogenannten „Leaky Pipeline“ entgegenzuwirken, also dem Phänomen, dass der Frauenanteil in höheren Karrierestufen in der Wissenschaft immer weiter absinkt.

Soll das Programm dauerhaft angeboten werden?

Aktuell sind zwei Runden vorgesehen, 2020 und 2022. Unser Mentoring-Programm wird aus Mitteln des Professorinnenprogramms finanziert, einem Förderprogramm des Bundessforschungsministeriums, dessen dritte Phase noch bis 2022 läuft. Wie es danach weitergeht, muss noch final geklärt werden.

Müsste eine gezielte Förderung von Nachwuchswissenschaftlerinnen nicht früher ansetzen?

Das sollte sie in der Tat. Daher bietet die Universität ab dem kommenden Jahr auch ein Mentoring-Programm für Wissenschaftlerinnen in einer früheren Karrierephase an. Dieses Programm mit dem Titel „Potentiale. Karriereorientierung und -planung für Akademikerinnen*“ soll Doktorandinnen und Postdoktorandinnen kurz nach der Promotion dabei unterstützen, ihr berufliches Ziel zu finden. Das kann ein Ziel in der Wissenschaft sein, aber ebenso gut eines im außeruniversitären Bereich. Auch in diesem Fall steht im Vordergrund, dass die Teilnehmerinnen darin gestärkt werden, ihre persönliche Entscheidung zu treffen und dieses Ziel dann entsprechend zu verfolgen.

Interview: Ute Kehse

 

 

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