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Ausstellungsteam (Leitung: Wencke Bammann und Mafalda Nogueira)

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Das alte Lehrerseminar

Lehrer zu werden war bis Ende des 18. Jahrhunderts im Herzogtum Oldenburg nicht schwer: Bereits nach einer kurzen Prüfung durch den örtlichen Geistlichen durften die frischgebackenen „Pädagogen“ unterrichten. Erst als im Zuge der Französischen Revolution die Ideen der Aufklärung nach Deutschland kamen, beschloss Oldenburgs Herzog Peter Friedrich Ludwig, die Ausbildung zu professionalisieren. Ab 1793 betrieb schließlich die Kirche das Evangelische Lehrerseminar Oldenburg. Der Unterricht für die angehenden Lehrer fand zunächst in Hinterzimmern von Kneipen statt. Ab 1807 war das Seminar an der Wallstraße im Gebäude der heutigen Polizeiwache untergebracht, bevor es 1846 einen Neubau an der Peterstraße bezog – der Ort, an dem die Ausstellung „Protest.bewegt.Uni“ stattfinden wird.

Die Ausbildung war hart: Seminartage dauerten bis zu 16 Stunden und wurden kaum durch Pausen unterbrochen. Auf einem Stundenplan aus dem Jahr 1828 stehen etwa Physik, Mathematik und Orthographie, aber auch Gesang, Sport und Übungen zum Katechismus. Ab 1882 arbeiteten die Seminaristen zudem im Lehrgarten nahe der Ofener Straße – später wurde aus diesem der Botanische Garten der Universität. Dass das Seminar als Internat organisiert war und die Schüler eher wie Kadetten behandelt wurden, stieß spätestens in der revolutionären Atmosphäre der 1840er Jahre auf Kritik. Ein Oldenburger Lehrer bezeichnete noch 1872 das Seminar in einer Streitschrift als „Dressuranstalt für pädagogische Tagelöhner“. Die Oldenburger Regierung, die im Jahr 1855 die Lehrerausbildung von der Kirche übernommen hatte, nahm die Kritik schließlich ernst: Sie schaffte 1875 das Internat ab und verlängerte die Ausbildungszeit von anfangs wenigen Monaten schrittweise auf sechs Jahre. Seit Ende des 19. Jahrhunderts umfasste die Ausbildung zudem mehr praktische Inhalte sowie technische Fächer.

Frauen konnten sich erst ab 1902 im Land Oldenburg zur Lehrerin ausbilden lassen, ab 1921 fand die Ausbildung in denselben Räumlichkeiten an der Peterstraße statt, in denen auch die Männer unterrichtet wurden. Doch sollte die Phase der geschlechterübergreifenden Ausbildung nicht lange dauern: In der Weimarer Republik wurde die Lehrerbildung akademisiert. Das Oldenburger Lehrerseminar konnte mit diesen neuen Standards nicht mithalten und schloss 1927 seine Pforten. Einigen kurzlebigen Ersatzeinrichtungen folgte die 1945 gegründete Pädagogische Hochschule. 1973 wird diese in die Universität integriert.

Text: Henning Kulbarsch

  • Das Bild zeigt Wencke Bammann und Mafalda Nogueira. Sie halten ein überdimensioniertes gelbes T-Shirt mit der Aufschrift "Unser letztes Hemd. Fakultät 3" hoch. Im Hintergrund sind eine Orgel und Sitzbänke des alten Lehrerseminars zu erkennen.

    Wencke Bammann (links) und Mafalda Nogueira gehören zum Organisationsteam der Ausstellung „Protest.bewegt.Uni – 50 Jahre Protestkulturen an der Uni Oldenburg“. Das „letzte Hemd“ ist eine wiederkehrende Metapher für den Kampf um bessere Studienbedingungen. Dieses Exemplar stammt von 2004 und spielte bei Protesten gegen die Einführung von Studiengebühren eine Rolle. Universität Oldenburg / Daniel Schmidt

  • Das Bild zeigt die ausschließlich männlichen Absolventen des Jahrganges 1884 des alten Lehrerseminars. Sie sitzen beziehungsweise stehen und schauen in die Kamera. Alle tragen Anzug und Krawatte. Vor Ihnen steht ein Fass mit der Aufschrift "1880 bis 1884".

    Lange Zeit stand das alte Lehrerseminar an der Peterstraße nur Männern offen. Hier der Abschlussjahrgang von 1884. Frauen durften sich erst ab dem frühen 20. Jahrhundert zur Lehrerin ausbilden lassen. Foto: Stadtmuseum Oldenburg

  • Das Bild zeigt das alte Lehrerseminar von der Peterstraße aus. Zu erkennen ist ein zweistöckiges Gebäude mit Fenstern. Die Architektur ist funktional gehalten.

    Das Gebäude des alten Lehrerseminars (hier im Jahr 1955) an der Peterstraße dient heute der Regionalstelle Oldenburg des Staatlichen Baumanagements (Region Nord-West) als Dienstsitz. Foto: Stadtmuseum Oldenburg

„Protest ist nicht immer gegen etwas“

Studierende präsentieren gemeinsam mit dem Stadtmuseum Oldenburg eine ungewöhnliche Jubiläumsausstellung in der Aula des alten Lehrerseminars. Ihr Titel: „Protest.bewegt.Uni – 50 Jahre Protestkulturen an der Uni Oldenburg“.

Studierende präsentieren vom 10. März bis 5. Mai gemeinsam mit dem Stadtmuseum Oldenburg eine ungewöhnliche Jubiläumsausstellung in der Aula des alten Lehrerseminars. Ihr Titel: „Protest.bewegt.Uni – 50 Jahre Protestkulturen an der Uni Oldenburg“. Zehn Studierende der Studiengänge „Museum und Ausstellung“ und „Kulturanalysen“ tragen mit der selbstkonzipierten Ausstellung einen wichtigen Programmpunkt zum Jubiläumsjahr bei. Wencke Bammann und Mafalda Nogueira erzählen, wie die Idee zur Ausstellung entstand und welche unerwarteten Erkenntnisse sie während der Vorbereitung hatten.

 

„Proteste und politische Bewegungen“ – warum haben Sie ausgerechnet dieses Thema gewählt?

Bammann: Gunnar Zimmermann, der Leiter des Uni-Archivs, hat uns erzählt, dass es an der Universität immer wieder zu Protesten gekommen ist und dass es dazu viel zu erzählen gibt. Gleichzeitig wollten wir mit der Ausstellung gern ein Thema aufgreifen, das Studierende bewegt. Das passte also gut zusammen –
auch wenn wir im Laufe der Recherchen herausgefunden haben, dass es keinesfalls nur Studierende waren, die für Proteste verantwortlich waren, sondern dass oft auch Lehrende und Mitarbeitende beteiligt waren.

Nogueira: Durch ihren Reformcharakter und den berühmten Namensstreit haben Proteste von Anfang an zur Geschichte der Universität gehört. Schon ihre Gründung war auch das Ergebnis von Protesten, die von Lehrenden der ehemaligen Pädagogischen Hochschule ausgingen. Wir finden es spannend, die unterschiedlichen Proteste in den 50 Jahren Uni-Geschichte bis heute aus verschiedenen Blickwinkeln zu betrachten.

Welche Themen haben die Gemüter neben dem Namensstreit noch erhitzt?

Bammann: Oft hatten die Proteste gesellschaftliche und nicht zwangsläufig universitäre Themen, wenn es etwa um Widerstand gegen Atomkraft in den 1980er-Jahren oder allgemein um Umweltthemen ging, die häufig der Anlass für Proteste waren. Das ist bis heute so: Erst im vergangenen Jahr hatten Mitglieder von ‚End Fossil: Occupy! Deutschland‘ einen Hörsaal besetzt, um auf Klimaschutzthemen aufmerksam zu machen. Manchmal spielten die Protestgruppen aus Oldenburg auch außerhalb der Stadt eine wichtige Rolle. So war eine Gruppe aus dem Umfeld der Universität zum Beispiel an der Organisation einer Friedensdemonstration in Bonn gegen den Einsatz von Pershing-II-Raketen beteiligt und hat mit großer Personenzahl daran teilgenommen.

Wie haben Sie Ihre Rechercheergebnisse in eine Ausstellung übertragen?

Nogueira: Wir haben viele Gespräche mit Zeitzeuginnen und -zeugen geführt, die an verschiedenen Stationen in Ausschnitten zu hören sein werden. Wir haben zum Beispiel mit der Landtagspräsidentin Hanna Naber und dem ehemaligen Landtagsabgeordneten Wolfgang Wulf gesprochen, die als Studierende der Universität Proteste miterlebten und später selbst in die Politik gingen. Sie haben also gleich mehrere Perspektiven auf das Thema.

„Universität ist ständig im Wandel”

 

Bammann: Auf unseren öffentlichen Aufruf nach Objekten und Geschichten, den wir gemeinsam mit dem Stadtmuseum Oldenburg und dem Uni-Archiv durchgeführt haben, haben sich erfreulich viele Leute gemeldet. Durch Gespräche mit ihnen haben wir ein gutes Gefühl für die jeweilige Zeit bekommen. Das wollen wir an die Besucherinnen und Besucher weitergeben, zum Beispiel mit historischen Fotos, Tonaufnahmen von Protestsongs, die auf Demos entstanden sind, und Objekten, die an verschiedene Proteste erinnern. Das Stadtmuseum Oldenburg stellt uns ein Zelt zur Verfügung, das Studierende dabeihatten, die sich 1976 auf die historische mehrtägige Fahrraddemo nach Hannover begaben, um dort gegen den verhängten Ausbaustopp zu protestieren, der die noch junge Universität bedrohte.

Die Ausstellungsorganisation ist für Sie Teil des Studiums. Was haben Sie gelernt?

Bammann: Die Ausstellungsorganisation ist ein realistischer Einblick in die Berufswelt. Kritisch auf eine Gesellschaft zu blicken – das hatten wir vorher schon im Studium gelernt. Wie es ist, eine Ausstellung auch umzusetzen, erfahren wir aber erst jetzt und stoßen ständig auf Herausforderungen, bei denen uns aber unsere Ansprechpartnerinnen und Ansprechpartner beim Stadtmuseum mit Rat und Tat zur Seite stehen.

Was sollen Besucherinnen und Besucher der Ausstellung idealerweise mit nach Hause nehmen?

Nogueira: Den Eindruck, dass sich auch eine Institution wie die Universität, die man auf den ersten Blick als fest in ihren Strukturen wahrnimmt, ständig im Wandel befindet – und dass diese Veränderungen nicht nur von der Politik oder der Unileitung ausgehen können, sondern von allen Statusgruppen, die sich für etwas einsetzen.

Bammann: Wir wollen dazu anregen, darüber nachzudenken, was Protest eigentlich ist. In unseren Gesprächen mit Zeitzeuginnen und -zeugen haben wir gemerkt, dass einige ihre früheren Aktivitäten eher als Engagement und nicht als Protest verstehen. Viele haben bei dem Wort direkt das Bild von Blockade im Kopf, dabei ist Protest nicht immer gegen etwas, sondern oft auch für eine Entwicklung.

Interview: Sonja Niemann

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