Von Bildungsforschung zu Umweltinformationssystemen - die Gebiete, auf denen die Universität mit Hochschulen in Südafrika zusammenarbeitet, sind vielfältig. Warum diese Kooperationen für Forschung und Lehre wichtig sind - darüber sprechen Esther Ruigendijk, Vizepräsidentin für Wissenschaftlichen Nachwuchs und Internationales, und Jenka Schmidt, Leiterin des International Student Office, im Interview.
Frau Ruigendijk, Frau Schmidt, Sie haben zusammen mit einigen Kollegen die Universität Witwatersrand in Johannesburg und die Nelson Mandela Universität in Port Elizabeth besucht. Was verbindet die Universität Oldenburg mit den Partnern in Südafrika?
Die Nelson Mandela Universität (NMU) ist neben der RU Groningen unsere wichtigste Partneruniversität. Wir kooperieren seit 20 Jahren in Lehre, Forschung, Transfer und Weiterbildung – über mehrere Fakultäten verteilt. Die Universitäten passen gut zueinander, auch wenn die NMU deutlich größer ist als unsere: Beide Universitäten sind regional stark verankert und haben einen großen Anteil an Erstakademikern. Wir teilen Werte wie Diversität und Nachhaltigkeit und reflektieren, welche Rolle Universität und Wissenschaft für die Gesellschaft spielen. Die NMU ist auch für unsere Studierenden sehr attraktiv: Sie können ein Auslandssemester mit einem Praktikum, zum Beispiel an einer Schule oder in einer sozialen Einrichtung wie im Walmer Township, verbinden.
Wie wichtig ist der Studierendenaustausch und was können die Studierenden erwarten?
Der Studierendenaustausch ist ein zentrales Element der Kooperationen. Jedes Jahr ermöglichen wir etwa fünf bis zehn Oldenburger Studierenden, für ein oder zwei Semester nach Südafrika zu gehen. Zudem finden viele kürzere Aufenthalte im Rahmen der diversen Projekte der Fakultäten statt. Die Studierenden vertiefen ihre Fremdsprachkenntnisse, erhalten wertvolle Einblicke in ein anderes Studiensystem und stärken ihre interkulturellen Kompetenzen. Außerdem schätzen sie die praxisorientieren Kurse und die Betreuungsangebote für Austauschstudierende. Und die Studienbedingungen sind reizvoll: Der Campus der NMU liegt direkt am Meer. Die Studierenden loben auch das hohe Niveau der Veranstaltungen an der Universität Witwatersrand. – Wenn wir hier studieren würden, wüssten wir, wohin unsere Austauschsemester gingen. Südafrika ist ein wunderschönes Land – kulturell und politisch interessant, mit sehr guten Universitäten und wirklich interessantem Lehrangebot.
Welche weiteren Schwerpunkte in der Kooperation gibt es?
Wir kooperieren in der Forschung unter anderem zu Klimaanpassung, betrieblichen Umweltinformationssystemen, Social Entrepreneurship oder Bildungs- und Erziehungsfragen. Wir finanzieren Forschungsaufenthalte an der jeweiligen Partneruniversität oder vergeben Stipendien für Promovierende oder Master-Studierende. So hat ein heute als Professor in den Erziehungswissenschaften tätiger Kollege der NMU in Oldenburg seine Promotion erworben. Aktuell kooperieren wir mit der NMU beispielsweise in den Projekten HEdIS und YEEES, die Prof. Dr. Jorge Marx Goméz leitet. Die verschiedenen Projektpartner befassen sich darin unter anderem mit informationstechnologischen Lösungen zu Fragen der Nachhaltigkeit. Im ECOSOLA-Projekt unter Leitung von Prof. Dr. Bernd Siebenhüner geht es darum, wie urbane Landwirtschaft in Afrika ökologisch gestaltet werden kann. Die NMU bringt Expertise in der ökologischen Landwirtschaft in Afrika ein, während die Oldenburger Forschenden sich mit ökologischen und sozialen Voraussetzungen beschäftigen.
Ein anderer Fokus liegt in der Bildungsforschung und im Bildungsmanagement. Wie gestaltet sich hier die Zusammenarbeit?
Äußerst positiv. Wir arbeiten beispielsweise in der Bildungsforschung mit der NMU sowie der kenianischen Moi University im Fachzentrum „East and South African-German Centre of Excellence for Educational Research Methodologies and Management“ (CERM-ESA) zusammen. Hier sind Prof. Dr. Karsten Speck und Prof. Dr. Bernd Siebenhüner hauptverantwortlich. Die ersten kenianischen Master-Studierenden haben ein DAAD-finanziertes Stipendium erhalten und ihren Abschluss in Port Elizabeth erworben, viele mit besonderer Auszeichnung. In zahlreichen Masterarbeiten haben Studierende Methoden entwickelt und erprobt, die wichtig sind, um den Bildungs- und Erziehungsherausforderungen im südlichen Afrika zu begegnen. Universitätsmitarbeitende der afrikanischen Partneruniversitäten können sich zu verschiedenen Themen qualifizieren, wie beispielsweise effektives Forschungsmanagement oder foto-basierte Forschungsmethoden.
Der Erasmus-Mundus Studiengang EMMIR (European Master in Migration and Intercultural Relations) verbindet unsere Universität mit der Universität Witwatersrand in Johannesburg. Was sind hier die wesentlichen Inhalte?
In dem Studiengang, für den Prof. Dr. Martin Butler und Dr. Lydia Potts verantwortlich sind, geht es um das komplexe Thema Migration. Er beschäftigt sich beispielsweise mit Fragen der Menschenrechte, mit demokratischen Werten, sozialen Aspekten und Arbeitsmärkten – und das aus europäischer und globaler Perspektive. Die Zusammenarbeit zwischen den europäischen und den afrikanischen Universitäten ist hier besonders sinnvoll. Wir können viel voneinander lernen. Die südafrikanischen Kollegen haben viel Erfahrung mit den Themen Diversität und Migration. EMMIR-Studierende können zum Beispiel ihre Abschlussarbeiten in Johannesburg machen. Diese Kooperation wollen wir weiter ausbauen.
Auf welchen Gebieten planen Sie weitere Kooperationen?
Beide Seiten wollen den Austausch von Studierenden und Nachwuchswissenschaftlern ausbauen. Darüber hinaus wollen wir mit der NMU vor allem die Kooperation in den Meereswissenschaften erweitern. Wir waren auf dem neuen Ocean Science Campus eingeladen und haben da von der Forschung vor Ort erfahren. Das war sehr beeindruckend. Es zeigte sich, dass unsere Universitäten – bei allen Unterschieden – auch viele Gemeinsamkeiten haben. Gerade in den Meereswissenschaften arbeiten die Wissenschaftler zum Teil an ähnlichen Themen, wie Biodiversität, Ökosysteme und Meeresnaturschutz. Unser Ziel ist nun, die Experten beider Universitäten miteinander zu vernetzen und gemeinsam Projekte zu initiieren.