Was ist ein Nachteilsausgleich?
Studierende mit einer Behinderung oder chronischen Erkrankung sind in ihrem Studium oft unmittelbar beeinträchtigt. Solchen Einschränkungen soll mit Hilfe eines Nachteilsausgleichs entgegengewirkt werden. Betroffene Studierende haben einen Rechtsanspruch auf entsprechende Regelungen.
Der Nachteilsausgleich bei Studien- und Prüfungsleistungen bezieht sich auf die Form der zu erbringenden Leistung, die Qualitätsansprüche werden davon nicht berührt. Es geht also nicht darum, Prüfungsleistungen zu vereinfachen, sondern um die Änderung der Rahmenbedingungen.
Wer kann einen Nachteilsausgleich in Anspruch nehmen?
In Anspruch nehmen können den Nachteilsausgleich alle Studierenden, die in ihrem Studium durch eine gesundheitliche Beeinträchtigung eingeschränkt sind. Dabei spielt es keine Rolle, ob es sich um anerkannte Schwerbehinderung handelt oder um eine chronische Erkrankung. Auch chronische psychische Beeinträchtigungen fallen unter diese Kategorie, ebenso wie Lese-Rechtschreib-Schwäche und ADS/ADHS.
Wie sieht ein Nachteilsausgleich aus?
Ein Nachteilsausgleich ist immer eine individuelle Lösung, da er konkrete Einschränkungen eines Einzelfalles ausgleicht. Deshalb ist es wichtig, im Antrag nachvollziehbar darzustellen, worin die Beeinträchtigung besteht und wie sie kompensiert werden kann.
Beispiele für einen Nachteilsausgleich:
Mündliche statt schriftlicher Prüfung (z. B. für Sehbehinderte)
Schriftliche statt mündlicher Prüfung (z. B. für Hörbehinderte)
Schreibzeitverlängerung bei Klausuren (z. B. bei motorischen Beeinträchtigungen, aber auch bei Lese-Rechtschreib-Schwäche, ADS, Diabetes, dauerhafter Einnahme von sedierenden Medikamenten)
Schreiben einer Klausur in einem gesonderten Raum (z. B. bei starken Konzentrationsstörungen).
Hausarbeit statt Referat
Unterbrechung einer Prüfung durch Pausen
Zeitverlängerungen für die Bearbeitung von Hausarbeiten, Abschlussarbeiten etc.
Nutzung technischer Hilfsmittel
Möglichkeit zum Rücktritt von Prüfungen wegen Krankheit
Entzerrung von Prüfungsphasen
Diese Liste ist nur beispielhaft und als Ideengeber gedacht. Welcher Nachteilsausgleich im Einzelfall angebracht ist, hängt immer von der konkreten Beeinträchtigung ab. Schematische Lösungen kann es in diesem Zusammenhang nicht geben.
Wie wird ein Nachteilsausgleich beantragt?
Im Interesse aller Beteiligten sollte ein „schlankes“ Verfahren gewählt werden, das wenig bürokratischen Aufwand verursacht. Bewährt hat sich folgendes Verfahren:
- Als Erstes mit dem zuständigen Prüfer in Verbindung setzen und das persönliche Anliegen besprechen.
- Der Antrag auf Nachteilsausgleich wird beim zuständigen Prüfungsamt gestellt. Das entsprechende Formular findet ihr auf den Seiten des Prüfungsamtes im FAQ (Punkt 1.6) oder hier: Antrag auf Gewährung eines Nachteilsausgleichs bei Prüfungen. Dazu sind Angaben zur Krankheit notwendig, nicht aber unbedingt die Nennung einer Diagnose. Aus dem Antrag soll für einen medizinischen Laien nachvollziehbar hervorgehen, welche Einschränkungen – bezogen auf das Studium – vorliegen. Außerdem sollen Lösungsvorschläge gemacht werden, wie ein Nachteilsausgleich im konkreten Fall aussehen kann.
- Eine ärztliche Bescheinigung ist beizufügen. Auch hier ist nicht die Diagnose relevant, sondern die Nachvollziehbarkeit der Beeinträchtigung.
- Der Antrag wird beim zuständigen Prüfungsamt eingereicht.
- Dies leitet ihn weiter an den Prüfungsausschuss. Der Prüfungsausschuss entscheidet zeitnah über den Antrag und versendet einen schriftlichen Bescheid.
Ein Antrag auf Nachteilsausgleich muss immer rechtzeitig vor der Prüfung gestellt werden. Idealerweise stellt ihr den Antrag mindestens 6 Wochen vor der Prüfung.
Bei dauerhaften Einschränkungen kann auch ein Antrag für mehrere Prüfungen gestellt werden, um den Verwaltungsaufwand gering zu halten. Ist z. B. abzusehen, dass jemand aufgrund einer motorischen Einschränkung immer Probleme mit handschriftlichen Klausuren haben wird, kann der Einsatz eines Laptops für alle künftigen Klausuren beantragt werden.
In der Regel ist es so, dass Studierende mit Behinderung oder chronischer Erkrankung selber am besten wissen, wo Einschränkungen vorhanden sind und wie sie ausgeglichen werden können. Manchmal kann es aber auch sinnvoll sein, in einem gemeinsamen Gespräch von Studierenden, Fachvertretern und einer Beratungseinrichtung nach einer geeigneten Lösung zu suchen.
Anforderungen an ärztliche Bescheinigungen:
Die Bescheinigung soll möglichst vom behandelnden Arzt oder Therapeuten ausgestellt werden. Dies kann ein Facharzt, aber auch ein Hausarzt sein.
Diagnostische Tests wie z.B. bei Lese-Rechtschreib-Schwäche sollten nicht älter als 5 Jahre sein.
Die Nennung der genauen Diagnose oder Krankengeschichte ist nicht notwendig. Es sollen aber möglichst genau die Symptome beschrieben werden, die zu einer Beeinträchtigung in der Studiensituation führen.
Auf amtsärztliche Gutachten sollte wegen des hohen Aufwandes möglichst verzichtet werden.