Erstmals in der mehr als 40-jährigen Uni-Geschichte ist der als konservativ geltende RCDS stärkste Fraktion im Studierendenparlament. Der neue AStA aber bleibt "hinten links" im Mensafoyer - ein Besuch.
"Der AStA ist da hinten links in der Ecke", erklärt der Mitarbeiter vom ServicePoint im Mensafoyer – und nennt damit wohl unbeabsichtigt das richtige Stichwort. Als ehemalige Reformuniversität wird der Uni Oldenburg bis heute eine politisch linke Ausrichtung nachgesagt. Gleiches galt deshalb bis vor kurzem auch für den Allgemeinen Studierendenausschuss (AStA) der Uni.
Doch mit der Wahl zum Studierendenparlament (StuPa) gab es in der rund 40-jährigen Geschichte den ersten "Regierungswechsel" an der Spitze der Verfassten Studierendenschaft: Erstmals ist der als konservativ geltende Ring Christlich-Demokratischer Studenten (RCDS) zur stärksten Fraktion im StuPa gewählt worden und somit auch in den AStA eingezogen.
An der linken Uni regiert nun also ein konservativer AStA? Das sieht dessen neue Sprecherin Nicole Sikora entspannter. "Von einer linken Uni ist meiner Meinung nach heute nicht mehr viel zu merken", sagt sie. "Zu Gründungszeiten war das viel stärker ausgeprägt. Und auch betrachte ich den RCDS nicht als sehr konservativ. Das wird uns zwar nachgesagt, aber für unsere Oldenburger Gruppe gilt das kaum."
Was hat es mit dem Regierungswechsel auf sich, war dieser von Seiten der Studenten bewusst gewollt? "Ich glaube, die Studenten sind inzwischen nicht mehr so politisch eingestellt wie früher. Ich kann mir nicht vorstellen, dass es bei unserer Wahl in erster Linie darum ging, unbedingt den linken AStA abwählen zu wollen. Sie haben uns gewählt, weil sie unsere Pläne gut fanden und wir schon im Wahlkampf sehr präsent für sie waren. Das hat gewirkt, nicht dieses linke versus konservative Denken."
Sikora studiert Biologie im sechsten Semester und sagt von sich selbst, dass sie schon immer sehr engagiert gewesen sei. Aus diesem Grund sei sie auch gleich zu Beginn ihres Studiums in die Fachschaft gegangen. "Da habe ich gemerkt, dass der AStA selbst für uns kaum präsent war", erinnert sie sich und fügt hinzu: "Wie soll das denn erst für alle anderen Studenten gewesen sein?" So fiel der Entschluss, selbst im AStA aktiv zu werden und "Vieles anders zu machen", wie Sikora sagt.
Sich dem RCDS anzuschließen, war für Nicole Sikora keine rein politische Entscheidung: "Ich habe mir die Programme von allen Hochschulgruppen angesehen. Die größten Chancen, an der Uni etwas zu verändern, habe ich dann einfach mit dem RCDS gesehen. Sie hatten die konkretesten Punkte", sagt sie.
Zu diesen konkreten Punkten zählt zum Beispiel ein strukturierter AStA. Dieses Ziel haben die zwölf Referenten und 20 Mitarbeiter des AStA bereits umgesetzt. Statt einem Projektreferat gibt es jetzt neun Referate, die einzelne Aufgaben übernehmen. "So wissen die Studierenden schneller, an wen sie sich wenden können, und wir können geordneter arbeiten", sagt Sikora.
In den Referaten sind sowohl Mitglieder vom RCDS als auch von der Juso-Hochschulgruppe vertreten. Denn mit den Jusos (Studierendenverband der SPD) bildete der RCDS nach den Wahlen im Januar eine Koalition. "Die Koalition brauchten wir, um die Mehrheit im StuPa bilden zu können", erklärt Daniel Kaszanics aus dem Vorstand des RCDS und Referent im AStA.
"Wir waren bereit, mit allen anderen politischen Hochschulgruppen zu reden", fügt Sikora hinzu. "Wir hatten tagelange Koalitionsverhandlungen und haben gemerkt, dass die Jusos einfach am besten zu uns passen – menschlich und politisch."
Durch den Zusammenschluss sind unter den AStA-Mitarbeitern Studierende aus 17 verschiedenen Studiengängen vertreten. "Wir sind auch fast alle Fachschaftsmitglieder. Das ist eine gute Voraussetzung, um ganz nah an vielen Studenten zu sein und ihr Feedback zum Leben und Arbeiten an der Uni zu bekommen", sagt Kaszanics.
So sind in den Verhandlungen viele Punkte zusammengekommen, die sich RCDS und Jusos auf die Fahnen geschrieben haben und die vor allem studentische Themen beinhalten. Früher habe sie sich oft gefragt, was manche Projekte mit den Studierenden zu tun hatten, erzählt Sikora.
"Unsere wichtigsten Vorhaben sind es deshalb, mehr Lernplätze zu schaffen, für bessere W-LAN Abdeckung zu sorgen und eine Uni-Card einzuführen, die Bibliotheksausweis, Semesterticket und Mensakarte zugleich sein soll", erzählt Sikoras Kollege Kaszanics. "Außerhalb der Sozialberatung sind das die Themen, mit denen die meisten Studenten an uns herantreten", fügt er hinzu. "Wir haben zum Beispiel auch schon angeregt, dass mehr Sitzbänke auf dem Campus aufgestellt werden", berichtet er.
René Behrens vom Referat für Öffentlichkeitsarbeit soll dafür sorgen, dass die Projekte des AStA unter den Studierenden stärker wahrgenommen werden. "Wir haben gerade eine Facebook-Seite erstellt und erneuern unsere Homepage", sagt er. Dort sind schon jetzt Stellenanzeigen aus den Referaten zu finden, auf die sich alle Studierenden bewerben können. "Auch Leute, die nicht in den politischen Gruppen der Uni aktiv sind, können daran mitarbeiten, etwas zu verändern", sagt Behrens, "aber das müssen wir ihnen erstmal wieder vermitteln."
Die Amtszeit des StuPa beträgt ein Jahr. So lange haben Nicole, Daniel, René und ihre Kollegen erst einmal Zeit, an ihren Zielen zu arbeiten. "Wir wissen, dass wir in einem Jahr nicht alles erreichen können. Aber wir wollen so viele Projekte wie möglich in die Wege leiten", sagt Sikora.
"Außerdem gibt es ja auch die Möglichkeit, sich nächstes Jahr wieder aufstellen und wählen zu lassen. Wir werden natürlich wieder versuchen, nächstes Jahr stärkste Fraktion zu werden." Wie die drei erzählen, investieren sie alle sehr viel Zeit und können sich nur begrenzt um ihr Studium kümmern. "Nächstes Jahr dürfen deshalb auch gerne neue Studenten RCDS und Jusos vertreten", sagt Sikora.