Das Kapern gegnerischer Schiffe galt einst als legitimes Mittel der Kriegsführung – eigene Gerichtsbarkeit inklusive. Mit tiefen Einblicken in gut 1.500 historische Kaperprozesse startet heute das Open-Access-Portal des Akademienprojekts „Prize Papers“.
Jahrhundertealte Dokumente von Kaperungen sind ab sofort frei zugänglich: Das Projekt „Prize Papers“ der Akademie der Wissenschaften zu Göttingen stellt der internationalen Forschung online Gerichtsunterlagen aus gut 1.500 Kaperprozessen zur Verfügung. Die Kaperungen gegnerischer Schiffe, sogenannte Prisen, waren einst legitimes Mittel der Kriegsführung. Seit 2018 katalogisiert und digitalisiert das Forschungsprojekt sämtliche Prisenpapiere („Prize Papers“), die aus Gerichtsprozessen zu Kaperungen der englischen beziehungsweise britischen Marine zwischen 1652 bis 1817 erhalten sind. Finanziert wird das an der Universität Oldenburg sowie dem Nationalarchiv in London (The National Archives, UK) angesiedelte Vorhaben über das Akademienprogramm aus Mitteln des Bundes und des Landes Niedersachsen. Das Projekt arbeitet eng mit dem Deutschen Historischen Institut London (DHI) und den IT-Experten der Verbundzentrale des Gemeinsamen Bibliotheksverbundes (VZG) zusammen.
Insgesamt umfasst der Prisenpapier-Bestand in The National Archives, UK, in London Dokumente aus 14 Seekriegen, an denen die Krone beteiligt war und die zu mehr als 35.000 Kaperungen führten. Das englischsprachige Open-Access Portal soll bis 2037 auf die gesamten Archivbestände der „Prize Papers“ erweitert werden und am Ende der Laufzeit schätzungsweise 3,5 Millionen Digitalisate in 19 unterschiedlichen Sprachen bereitstellen. „Neben den Prozessakten verspricht vor allem das erhaltene Beweisgut, zu dem neben konfisziertem Schriftgut auch zahlreiche Gegenstände gehören, einmalige Erkenntnisse für die internationale Forschung“, sagt die Leiterin des Projekts, die Oldenburger Historikerin Prof. Dr. Dagmar Freist.
Die nun abrufbaren Digitalisate in dem Forschungsportal umfassen 55 sogenannte Case Books, gedruckte Bände mit sämtlichen Einsprüchen und Beweismitteln aus Berufungsverfahren zu mehr als 1.500 Kaperprozessen, die zwischen 1793 und 1815 geführt wurden. Verhandlungsorte waren der Londoner Admiralitätsgerichtshof sowie die Vize-Admiralitäten in den damaligen britischen Kolonien, von der Karibik bis in den Nordwest-Atlantik.