Vita

Prof. Dr. Gundula Zoch ist seit 2021 Juniorprofessorin für Soziologie sozialer Ungleichheiten an der Universität und Research Fellow am Leibniz-Institut für Bildungsverläufe (LIfBi) Bamberg. Die Soziologin hat unter anderem in Oxford, Konstanz und am Wissenschaftszentrum Berlin für Sozialforschung wissenschaftlich gearbeitet. In ihrer Forschung beschäftigt sie sich beispielsweise mit sozialen und geschlechtsspezifischen Ungleichheiten im Lebensverlauf, Familienpolitik oder der Vereinbarkeit von Beruf und Familie.

Die Studie

Gemeinsam mit ihrer Kollegin Dr. Stefanie Heyne, Universität Mannheim, untersuchte Zoch in einer Studie, wie sich Paare nach der Geburt eines Kindes unbezahlte Hausarbeit aufteilen – und wie sich diese Arbeit durch familienpolitische Reformen im Laufe der Zeit verändert hat. Auf Basis von Längsschnittdaten des Sozio-oekonomischen Panels (SOEP) für Deutschland schlussfolgern die Forscherinnen, dass Mütter nach der Geburt eines Kindes immer noch deutlich mehr Hausarbeit übernehmen als Väter - trotz zahlreicher familienpolitischer Reformen. Während sich traditionelle Rollenmuster im Osten tendenziell auflösen und Väter sich stärker beteiligen, hält sich die geschlechtstypische Arbeitsteilung in Westdeutschland hartnäckiger. Aus Sicht der Autorinnen seien daher weitere Maßnahmen nötig, um eine gleichberechtigte Arbeitsteilung von Paaren nach der Geburt eines Kindes zu fördern.

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Arbeitsgruppe Soziologie sozialer Ungleichheiten

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Prof. Dr. Gundula Zoch

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  • Porträtfoto der Soziologieprofessorin Gundula Zoch.

    Flexible Arbeitsmodelle und eine stärkere Förderung von Teilzeitarbeit für Frauen und Männer könne dabei helfen, die generationsübergreifende Betreuungsarbeit gerechter aufzuteilen, ohne dass die berufliche Laufbahn eines Partners langfristig darunter leidet. Aus Sicht der Soziologin Gundula Zoch sei dafür ein kultureller Wandel hin zur Akzeptanz dieser Modelle absolut notwendig. Universität Oldenburg / Daniel Schmidt

Equal care – warum ändert sich wenig?

Trotz familienpolitischer Reformen übernehmen Mütter immer noch mehr unbezahlte Familienarbeit als Väter. Soziologieprofessorin Gundula Zoch erklärt, woran dies liegt und warum für einen Wandel flexible Arbeitsmodelle wichtig sind.

Trotz vieler familienpolitischer Reformen übernehmen Mütter immer noch mehr unbezahlte Familienarbeit als Väter. Im Interview erklärt Soziologieprofessorin Gundula Zoch, woran dies liegt und warum flexible Arbeitsmodelle wichtig sind, damit die Arbeitsgesellschaft nicht mehr auf traditionelle Geschlechterrollen festgelegt ist.

Familienpolitische Reformen der vergangenen Jahre in Deutschland zielen unter anderem darauf ab, mütterliche Erwerbstätigkeit und väterliche Betreuung gezielt zu fördern. Sie haben gemeinsam mit ihrer Kollegin, Dr. Stefanie Heyne, untersucht, ob diese Reformen die geschlechtertypische Haushaltsaufteilung tatsächlich verändert haben. Ihr Befund ist: Die Familienpolitik fördert zwar zunehmend eine gerechtere Aufteilung der unbezahlten Familienarbeit. Dennoch hat sich die Aufteilung dieser Arbeit zwischen Männern und Frauen im Zeitverlauf kaum verändert. Hat Sie dieses Ergebnis überrascht?

Ja und nein. Deutschland hat viel investiert – darunter der enorme Ausbau der frühkindlichen Betreuungsinfrastruktur sowie mehrere Elterngeldreformen, die die mütterliche Erwerbstätigkeit und die Beteiligung der Väter in den ersten Lebensmonaten des Kindes gezielt stärken sollen. Studien zeigen: Frauen kehren inzwischen deutlich früher in den Beruf zurück, arbeiten mehr Stunden, und mehr als ein Viertel der Väter nimmt Elternzeit in Anspruch. Diese enormen Veränderungen in kurzer Zeit bildeten den Ausgangspunkt für unser Projekt. Gleichwohl wissen wir aber: Väter nehmen häufig nur wenige Vätermonate – häufig auch gar nicht allein. Ebenso reicht die aktuell verfügbare Zahl an Krippen- und Kitaplätzen nach wie vor nicht aus, um den Betreuungsbedarf aller Eltern flächendeckend zu erfüllen. Vor diesem Hintergrund überrascht es dann nicht, dass die Effekte der familienpolitischen Reformen auf eine gerechtere Aufteilung der unbezahlten Familienarbeit relativ gering sind. Im Wesentlichen investieren Mütter inzwischen zwar etwas weniger Zeit in den Haushalt – Väter haben ihren Anteil aber kaum merklich erhöht.

Warum ist es aus Ihrer Sicht so schwer, gerade in Deutschland eine Familienpolitik so zu gestalten, dass sie wirklich zu Geschlechtergerechtigkeit führt? Oder liegt es nicht an der Politik?

Eine der größten Herausforderungen in Deutschland (und auch in anderen Ländern) liegt in der tief verwurzelten kulturellen Vorstellung von Geschlechterrollen. Traditionelle Rollenbilder, die überwiegend Frauen in der Haus- und Betreuungsarbeit sehen, sind immer noch stark präsent und beeinflussen die Effektivität familienpolitischer Maßnahmen – auch nach Reformen. Darüber hinaus kann der strukturelle Aufbau des Arbeitsmarktes, wie beispielsweise die Bedeutung von Vollzeitarbeit als Norm für Karriereerfolg, die Entscheidung von Paaren enorm erschweren oder sogar behindern, Familienarbeit geschlechtergerechter aufzuteilen. Diese tief verwurzelten sozialen und kulturellen Normen sowie Strukturen unserer Gesellschaft sind beständig. Auch aus diesem Grund sehen wir in den untersuchten Zusammenhängen auch heute, über 30 Jahre nach dem Ende der DDR, noch Unterschiede in der geschlechtertypischen Arbeitsaufteilung zwischen Ost- und Westdeutschland: Anders als in Ostdeutschland übernehmen Mütter in Westdeutschland nach der Geburt ihres Kindes durchschnittlich nicht nur insgesamt, sondern auch im Verhältnis zu ihren Partnern mehr Hausarbeit.

Was wäre aus Ihrer Sicht eine wirkungsvolle Maßnahme, die sich schnell umsetzen ließe und in möglichst vielen Bevölkerungsschichten Widerhall fände?

Wie gesagt, ich bin skeptisch, wenn es darum geht, einen sofortigen tiefgreifenden Wandel zu fordern. Aktuell können viele Eltern die vertraglich eigentlich zugesagten Betreuungsumfänge ihrer Kinder häufig gar nicht wahrnehmen – weil beispielsweise Personal fehlt. Hier benötigen wir verlässliche Strukturen. Zukünftig übrigens nicht nur mit Blick auf die frühkindliche Betreuung, sondern auch für die stark zunehmende Zahl von zu betreuenden älteren Menschen. Aus meiner Sicht sind diese Aufgaben nur mit flexiblen Arbeitsmodellen und einer stärkeren Förderung von Teilzeitarbeit für Frauen und Männer zu realisieren. Dies könnte helfen, die generationsübergreifende Betreuungsarbeit gerechter aufzuteilen, ohne dass die berufliche Laufbahn eines Partners langfristig darunter leidet. Ein kultureller Wandel hin zur Akzeptanz dieser Modelle ist dafür absolut notwendig – auch bei Arbeitgeberinnen und Arbeitgebern. Hier sollte der Fachkräftemangel sicherlich indirekt helfen, den Wünschen und Bedürfnissen der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer zukünftig stärker entgegenzukommen.

Was ist Ihr Wunsch, etwa angesichts des Internationalen Frauentags, in diesem Zusammenhang?

Mein Wunsch ist, dass wir in dieser – häufig sehr aufgeheizten – Debatte sachlich über die individuelle und gesellschaftliche Bedeutung einer gerechten Aufteilung der unbezahlten Familienarbeit diskutieren. Ohne bestehende oder individuell bevorzugte Modelle pauschal zu kritisieren. Nur vor dem Hintergrund neutraler Fakten und Daten können wir politisch Gestaltende wertneutral informieren und uns so bestmöglich auf die anstehenden Herausforderungen einer modernen, aber stark alternden Arbeitsgesellschaft entsprechend vorbereiten – ohne dabei auf traditionelle Geschlechterrollen und -stereotypen festgelegt zu sein.

Interview: Constanze Böttcher

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