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  • Direkt am Wasser: der Standort der Universität Oldenburg in Wilhelmshaven. Foto: Markus Hibbeler MARKUS HIBBELER

Uni am Meer

In Wilhelmshaven befindet sich ein Teil der Universität: Auf der Schleuseninsel nahe des Südstrands hat das Institut für Chemie und Biologie des Meeres (ICBM) einen Standort, der nun erweitert wurde. Eine einzigartige Infrastruktur.

Direkt am Jadebusen in Wilhelmshaven befindet sich ein Teil der Universität: Auf der Schleuseninsel nahe des Südstrands hat das Institut für Chemie und Biologie des Meeres (ICBM) einen Standort, der nun durch einen Anbau erweitert wurde. Eine Außenstelle mit einzigartiger Infrastruktur.

Forschen in Wilhelmshaven

Der Standort in Wilhelmshaven gehört seit 2008 zur Universität. In dem roten Klinkerbau war zuvor das 1990 gegründete Zentrum für Flachmeer-, Küsten- und Meeresumweltforschung e.V. (Forschungszentrum Terramare) zu Hause – ein Zusammenschluss mehrerer meereskundlich tätiger niedersächsischer Einrichtungen, darunter auch die Universität Oldenburg. Das Zentrum sollte vor allem technisch-wissenschaftliche Serviceleistungen für die Mitgliedseinrichtungen erbringen. Im Zuge einer stärkeren Ausrichtung auf die Forschung wurde das Terramare vor 14 Jahren ins ICBM eingegliedert, das dort bereits durch eine „Meeresstation“ vertreten war.

Heute haben rund 90 Mitarbeitende und fünf Arbeitsgruppen des ICBM ihren Hauptsitz in Wilhelmshaven: die Teams Geoökologie, Planktologie, Umweltbiochemie, Marine Sensorsysteme sowie Prozesse und Sensorik mariner Grenzflächen. Das 1994 fertiggestellte Hauptgebäude ist mit verschiedenen Laboren, Werkstätten und Seminarräumen für die Lehre ausgestattet – sowie mit besonderen Versuchsanlagen, die die jeweiligen Gruppen für ihre Forschung benötigen. Auch ein Bohrkernlager, eine Wetterstation und Gästezimmer – etwa für Forschende aus dem Ausland oder Studierende im Praktikum – befinden sich auf dem Areal.

Datenschatz aus dem Meer

Rund 600 Quadratmeter Platz für Versuchsflächen, Labore, Werkstätten, Büros und ein hochmodernes Lagezentrum (Foto): Für das Zentrum für Marine Sensorik (ZfMarS) hat der Wilhelmshavener Standort einen Anbau erhalten, der im Mai feierlich eingeweiht wurde. Im 2017 gegründeten ZfMarS erforschen rund 20 Forschende unter Leitung von Prof. Dr. Oliver Zielinski (links im Bild) beispielsweise, wie autonome Systeme effektiver vor den Folgen durch Bewuchs geschützt werden können. Zudem arbeiten sie an Messvorrichtungen, etwa um Plastik oder Ölverschmutzungen aus der Ferne überwachen zu können.

Der neue Forschungsbau bietet eine flexible Umgebung für unterschiedlichste Versuchsanordnungen, etwa ein Optik-Labor, in dem Forschende Sensoren für die Unterwasserwelt entwickeln. Im Lagezentrum laufen auf großen Bildschirmen die Daten verschiedener Forschungsplattformen zusammen – etwa vom Forschungsschiff SONNE, der Dauermessstation des Küstenobservatoriums Spiekeroog, vom ICBM-Forschungskatamaran sowie von mehreren weltweit eingesetzten Messbojen. Diese Bojen treiben mit den Meeresströmungen und sind mit GPS-Tracker und einem Satelliten-Kommunikationsmodul ausgestattet, sodass ihre Daten in Echtzeit im Lagezentrum abgebildet werden können.

Neue Heimat für Korallen

Ein Stückchen Tropen findet man in einem Container direkt am Deich. Hier können die Forschenden der Arbeitsgruppe Umweltbiochemie Lebensgemeinschaften von den Fidschi-Inseln, aus Australien oder Guam untersuchen. 60 Aquarien mit insgesamt rund 6.500 Litern künstlichem Meerwasser stehen ihnen dafür zur Verfügung. Die Anlage, die neben den Aquarien auch Vorrats- und Filterbecken umfasst, wurde speziell für die Forschung konzipiert. In rund 30 Hundert-Liter-Becken kann das Team Versuche mit Korallen, Algen oder Schwämmen durchführen. Die Forschenden können in den Aquarien beipielsweise Klimaveränderungen oder die Versauerung der Meere simulieren − etwa indem sie die Temperatur und den pH-Wert des Wassers individuell steuern. In einigen Aquarien ist es möglich, die Lebensbedingungen in Guam oder Australien realistisch nachzubilden und neben der Wasserchemie auch Mondzyklen, Tageslänge und Sonneneinstrahlung einzustellen. So gelang es Dr. Samuel Nietzer (Foto) und Matthew Jackson 2020 erstmals in Deutschland, Steinkorallen zu vermehren. Zusätzlich verfügt das Team über verschiedene 200-Liter-Becken, in denen Korallenfragmente und Korallenpolypen für Laborexperimente heranwachsen. Diese werden beispielsweise verwendet, um die Auswirkung von Sonnencreme auf Korallenriffe zu untersuchen.

Mini-Meer hinter dem Deich

Zwischen ICBM-Gebäude und Deich liegt kein Schwimmbad, sondern eine ausgeklügelte Versuchsanlage. Die „Sea Surface Facility“ ist speziell darauf ausgerichtet, den dünnen Oberflächenfilm zu untersuchen, der die Grenze zwischen Meer und Atmosphäre bildet. Diese wissenschaftlich hochinteressante Mikroschicht ist das Spezialgebiet der Forschungsgruppe Prozesse und Sensorik mariner Grenzflächen.

Um zu verstehen, welche Prozesse in dieser Schicht ablaufen, füllt das Team das achteinhalb Meter lange, zwei Meter breite und ein Meter tiefe Becken über ein Pumpsystem mit frischem Meerwasser aus der Jadebucht. Für Experimente lassen sich Niederschlag und Strömungen erzeugen, wenn es windig sein soll, wird das durchsichtige Schiebedach geöffnet. Schwenkbare Arme, bestückt mit Sonden und Sensoren – teils im Miniaturformat – können Temperatur, Salzgehalt, pH-Wert und andere Parameter in unterschiedlichen Wassertiefen messen. Auch der 0,05 Millimeter dicke Oberflächenfilm lässt sich direkt beproben. Für spezielle Messungen schöpfen die Forschenden die Schicht von der Oberfläche ab. Dafür tauchen sie Glasscheiben ins Wasser und ziehen sie vorsichtig wieder hoch. Durch die Oberflächenspannung bleibt der Film an der Scheibe haften, kann mit einem Duschabzieher entfernt und anschließend im Labor untersucht werden.

Ferngesteuerte Wasserwelt

Sie stehen eng gedrängt in einem Schuppen hinter dem Hauptgebäude: zwölf zylinderförmige und mit schwarzem Isoliermaterial umkleidete Tonnen, groß genug, um jeweils 600 Liter Wasser aufzunehmen. Planktotrone heißen die Behälter, in denen die Arbeitsgruppe Planktologie ihre Experimente macht. „Wir können darin natürliche Planktongemeinschaften unter kontrollierten Bedingungen untersuchen“, berichtet die Biologin Dr. Maren Striebel (Foto).

Die Behälter sind so groß, dass darin unzählige mikroskopisch kleine Algen, Bakterien und Krebstierchen fast wie in natürlichen Gewässern zusammenleben. Die Forschenden können unter anderem Nährstoffmenge und Lichtverhältnisse variieren, Ebbe und Flut oder Stürme nachahmen und drei Temperaturzonen einstellen. So lassen sich Meere und Seen, Salz- und Süßwasser, zukünftiges und vergangenes Klima simulieren.

Kürzlich füllte das Team die Planktotrone etwa mit Nordseewasser, das aus den Gewässern vor Helgoland stammt. In anderen Versuchen stellten die Forschenden Temperaturen zwischen zwei und sechs Grad Celsius ein, um Lebensgemeinschaften aus antarktischem Phytoplankton zu untersuchen. Die Anlagen laufen weitgehend automatisch.

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